Zufriedenheit schaut anders aus. Eine Erhebung des Marktforschers meinungsraum.at unter 1000 Angestellten in Österreich zeigt auf, dass fast die Hälfte der Befragten in Richtung Burnout läuft. Alarmierend nicht zuletzt auch deshalb, als künftig von einer längeren Verweildauer am Arbeitsmarkt auszugehen ist. Die immer zentraler werdende Frage für viele lautet daher: in welchem physischen wie psychischen Gesundheitszustand?

Zwar sind die durchschnittlichen Krankenstandstage pro Erwerbsperson und Jahr seit 2006 rückläufig (im Jahr 2013 lag der Schnitt bei 12,8 Krankenstandstagen), jene aufgrund psychischer Erkrankungen aber rücken immer weiter nach oben.

Menschlich ist woanders

Die Evaluierung destillierte 116 Einzelkriterien, die am Arbeitsplatz als (nicht) erfüllt betrachtet werden - von der technischen Ausstattung über die Gestaltung des Arbeitsplatzes bis hin zum Umgang mit Kollegen und Vorgesetzten.

Wobei die Hard Facts wie Ausstattung oder Gestaltung nahezu durchwegs gut bewertet wurden, bei den Soft Facts laut meinungsraum.at-Chef Herbert Kling allerdings noch "einiges an Luft nach oben" sei.

Führungsschwäche sei dafür einer der zentralen Gründe - gleich gefolgt von einer Fehlerkultur, die in überdurchschnittlich vielen Fällen massiv zu wünschen übrig lasse. Es werde gerne nach Schuldigen gesucht, so Kling, Fehlerursachen werden selten ergründet, liegen aber meist in der mangelhaften Kommunikation der Führungskräfte selbst (44 Prozent klagen über diffuse Anweisungen) - je größer die Firma, umso schlimmer, vor allem für Führungskräfte der mittleren Ebenen (Sandwichpositionen).

Selbst ein kleiner Ausschnitt aus dem Zahlenmaterial verdeutlicht das: 48 Prozent bekommen weder Lob noch Anerkennung, damit einhergehend steigt das Gefühl, ungerecht behandelt zu werden, bzw. auch die Angst davor, wieder Fehler zu machen (42 Prozent). Daraus folgt, dass 42 Prozent der Befragten kein Vertrauen in die Unternehmensführung haben.

Glückliche Teilzeit-Männer

Bemerkenswert sind jedoch die Ergebnisse der befragten Teilzeit arbeitenden Männer. Zwar repräsentieren diese nur einen Bruchteil der gesamten Gruppe, reißen aber die Statistik in Sachen Zufriedenheit, Gesundheit, Angstfreiheit enorm aus der "Negativzone" heraus.

Die Vermutung liegt nahe, dass, wenn sowohl Wahl als auch Möglichkeiten bestehen, beruflich kürzerzutreten, sich das ganz offensichtlich auf die allgemeine Zufriedenheit auswirkt, so Kling. Bei den Teilzeit arbeitenden Frauen schauen diese Zahlen selbstredend anders aus.

Ein weit verbreitetes Phänomen sei das der "Überarbeitung ohne Wirksamkeit", sagt Wolfgang Lalouschek. Der Facharzt für Neurologie, systemischer Coach und medizinischer Leiter des Interdisziplinären Gesundheitszentrums The Tree, sprach im Rahmen der siebten Enquete darüber.

Präsentismus kommt teuer

Wenn Energie zu emotionaler Erschöpfung werde, Einsatzbereitschaft zu Zynismus und Leistungsfähigkeit zu Ineffizienz, sei dem Burnout Tür und Tor geöffnet. Dabei sei Arbeit eine wesentliche Quelle der Gesunderhaltung - wenn sie denn richtig gestaltet sei, so der Mediziner. Wenn sie es nicht sei, mache Arbeit krank.

Dazu komme, dass mittlerweile durch Präsentismus - Mitarbeiter kommen auch krank ins Büro - mehr Produktivitätsverlust geschrieben werde als durch Absentismus, also dem Fernbleiben vom Arbeitsplatz: nämlich 15,3 Prozent pro Mitarbeiter und Jahr (Vergleich Absentismus 10,7 Prozent), so Lalouschek aus einer Studie. Gründe dafür seien "Pflichtgefühl" (66 Prozent), "Rücksicht auf Kollegen" (46 Prozent) und "Angst vor Arbeitsplatzverlust" bzw. "berufliche Nachteile" (beides 25 Prozent).

Wenn das soziale Gefüge geschwächt sei oder Menschen keine Zeit mehr für "nur" Freizeit (ohne Unterbrechungen) bleibe und ebenso wenig für Freunde und Familie, dann schwäche das gesundheitlich. Gesund zu arbeiten heiße aber beileibe nicht, weniger zu arbeiten, sondern einfach, richtig zum Einsatz zu kommen.

Ständig überarbeitet und dabei völlig unwirksam: Während die durchschnittlichen Krankenstandstage rückläufig sind, steigen jene aufgrund psychischer Belastungen jedes Jahr weiter an. (Heidi Aichinger, DER STANDARD, 13./14.12.2014)