Am Nationalfeiertag war auf dem Heldenplatz noch für ausreichend Militärmusik gesorgt, aber auch dort soll eingespart werden.

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Wien - Truppenzeitungen des österreichischen Bundesheeres lesen sich derzeit, als ob sie im Geiste letzter Durchhalteparolen geschrieben wären.

"Ich möchte an dieser Stelle gar nicht verheimlichen, dass ich mit den angeordneten Maßnahmen persönlich und auch als ihr Kommandant keine besondere Freude habe. Emotionen sind ja auch gut und müssen zugelassen werden. (...) Wir werden mit den Vorgaben gewissenhaft umgehen, wir werden kritische Prüffragen stellen und wir werden gemeinsam und behutsam an Lösungen arbeiten. Es wird keine Energie verschwendet, um zu beweisen, dass etwas nicht geht - dies wäre der falsche Weg. Wir sind das unserem eigenen Ehrgefühl schuldig! Und dem Bedarfsträger, der österreichischen Bevölkerung", schreibt etwa Brigadier Jürgen Wörgötter, Kommandant der 7. Jägerbrigade, im Magazin Der Panther.

Ausbildung wegrationalisiert

In der Zeitschrift wird beispielhaft festgehalten, wie es auf die Truppe wirkt, wenn ihr Fahrzeuge weggenommen werden, die Fahrausbildung wegrationalisiert und die Instandsetzung der verbliebenen Kfz in Zentralwerkstätten ausgelagert wird. Gleichzeitig wird berichtet, dass zumindest ein Rest von Milizstruktur erhalten geblieben ist, immerhin 35 Soldaten wurden im August zu einer einwöchigen Übung auf den Zirbizkogel einberufen.

Wie es weitergehen soll, ist offen. Denn die Sparpläne, die Verteidigungsminister Gerald Klug vorgelegt hat, sind koalitionsintern immer noch nicht abgesegnet. Zwar war für diese Woche eine - womöglich abschließende - Verhandlungsrunde in Aussicht genommen. Man habe aber keinen Termin gefunden, wird sowohl von roter als auch von schwarzer Seite diplomatisch bestätigt.

Zankapfel Tamsweg

Weniger diplomatisch sagt ein Insider von roter Seite: "Es sind alle Punkte offen - von der Frage der schweren Waffen über die Standortfragen bis hin zum Sozialplan."

Immerhin ist geplant, die (im Vergleich zum geringen Beschaffungsbudget viel zu hohen) Personalkosten drastisch zu senken - einige Garnisonen werden gesperrt, in anderen wird der Personalstand um zehn und mehr Prozent verringert, was vor allem bei beamteten Soldaten die Frage nach deren künftiger Verwendung eröffnet. Das bleibt auch nach der Personalvertretungswahl (bei der die Freiheitlichen stark zugelegt haben, die schwarze FCG aber stärkste Fraktion geblieben ist) ein Politikum.

Auch die geplanten Kasernenschließungen stoßen auf Widerstand - nicht nur bei der lokalen Bevölkerung, sondern auch beim Koalitionspartner ÖVP. Umstritten sind nach SPÖ-Angaben beispielsweise die Schließungen der Standorte in Horn (hier findet im Jänner eine Gemeinderatswahl statt, da will keiner den schwarzen Peter) und in Tamsweg. Die Erhaltung der dortigen Strucker-Kaserne wird von Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) und seinen Parteifreunden auf Bundesebene mit der Notwendigkeit des Katastrophenschutzes im oberen Murtal argumentiert.

Lange Pachtverträge

Die Volkspartei verweist auch auf die Unstimmigkeit, dass die Pachtverträge für den dortigen Übungsplatz vom Bundesheer erst im Sommer für zehn Jahre verlängert worden sind. Tamsweg sei als Standort für die Miliz besonders wichtig - und das Milizsystem sei ernst zu nehmen. Ob diese Botschaft bei der obersten militärischen Führung und bei der SPÖ nach dem Scheitern des Vorstoßes für ein Berufsheer angekommen ist, bezweifeln die ÖVP-Vertreter, die zumindest teilweise die Forderungen der Milizverbände aufgreifen.

Deren Kernforderung, dass dem Milizgedanken durch eine Aufteilung des Wehrdienstes auf Grundausbildung und spätere Truppenübungen entsprochen werden müsste, will die ÖVP aber nicht aufgreifen. Ein Modell fünf Monate Grundausbildung und später zwei Mal zwei Wochen Truppenübungen sei zwar wünschenswert, aber so wenig populär, dass es sich die ÖVP nicht zu fordern traue, heißt es hinter vorgehaltener Hand. Man verlässt sich darauf, Milizsoldaten mit Prämien während der Grundausbildung zur freiwilligen Übungsverpflichtung verlocken zu können.

Was die ÖVP aber tatsächlich fordert, ist eine ernstzunehmende materielle Ausstattung für die Miliz, die im Ernstfall die eigentliche Truppe des Heeres stellen müsste. "Wer in Österreich bei einer entsprechenden Bedrohung zum Objektschutz herangezogen wird, braucht dieselbe Ausrüstung wie ein Soldat der Kaderpräsenzeinheiten, den wir in den Kosovo entsenden", nennt ein ÖVP-Experte die Stoßrichtung seiner Partei.

Problem Mobilität

Dazu komme das Problem der Mobilität: Das Bundesheer hat einen beachtlichen Teil seiner Fahrzeuge wegen angeblich schwerer Mängel ausgeschieden (der Verkauf der Pinzgauer an das Dorotheum ist allerdings noch nicht gegengezeichnet). Ersatz ist in Planung, aber nicht in dem Umfang, den sich die ÖVP für die Soldaten wünscht. Auch wenn niemand konkrete Zahlen nennt, dürfte es um rund 100 Millionen für die Miliz gehen, mehr als das Dreifache dessen, was im Bundesheer geplant ist.

Eine Annäherung der Positionen ist nicht in Sicht, dennoch versichern die Vertreter beider Koalitionspartner, dass das Ziel einer Einigung vor Weihnachten aufrecht bleibe. (Conrad Seidl, DER STANDARD, 13.12.2014)