Einigkeit sieht anders aus: Die Koalitionsparteien SPÖ und ÖVP haben diese Woche getrennt voneinander ihre Konzepte für eine Steuerreform präsentiert - mit wechselseitigen Seitenhieben. Die ideologischen Positionen und Unterschiede der beiden Parteien wurden dabei deutlich. Sie haben ihre jeweilige Klientel im Blick und nicht das gemeinsame Ganze. Statt sich intern auf dieses zentrale Vorhaben zu verständigen und dann an die Öffentlichkeit zu gehen, liefern sie sich nun einen Schaukampf, bei dem am Ende beide als Verlierer dastehen werden. Es ist schon jetzt klar, dass jeder Abstriche machen muss, was angesichts der selbst aufgebauten Erwartungshaltung als Umfaller interpretiert wird.

Konsens herrscht nur darüber, dass diese Steuerreform gegenfinanziert werden muss und dafür Ausnahmen zu streichen sind. Damit wird es Verlierer geben, und von dem erwarteten Aufschwung, der den Rezessionstendenzen entgegenwirken soll und den auch die Koalition für sich erhofft, wird wenig übrig bleiben. Enttäuschung ist damit programmiert. Zumal die Erfahrung zeigt, dass Entlastungen durch eine Steuerreform ohnehin rasch durch die kalte Progression wieder zunichtegemacht werden.

Der Spielraum ist ohnehin klein, es gibt wenig zu verteilen. Niemand kann derzeit voraussagen, wie viel das Desaster bei der Hypo Alpe Adria die Steuerzahler insgesamt kosten wird. Einigt sich die Regierung auf eine Steuerreform, wird sie einen, dass sie möglichst wenig möglichst gut darstellen muss: Klein-Klein kittet.

Schafft die Koalition keinen Konsens, dann ist ohnehin Schluss mit lustig. Beide Parteien haben erklärt, dass es bis März eine Verständigung über die Steuerreform geben muss oder sonst Neuwahlen drohen. Statt Aufbruch ein Bruch - aber wem nützt das? 1995 und 2006 hat die ÖVP Neuwahlen erzwungen, aber es dennoch nicht geschafft, den Kanzler zu stellen.

2007 wurde die Legislaturperiode von vier auf fünf Jahre verlängert mit dem Argument, dass damit mehr Zeit für die Regierungsarbeit zur Verfügung steht und weniger auf Wahlkämpfe verwendet werden muss. Dafür wurde die Einschränkung von demokratischen Möglichkeiten für die Staatsbürger in Kauf genommen.

Vor einem Jahr, am 16. Dezember, wurde diese Regierung angelobt. SPÖ und ÖVP, die ohnehin nur noch eine knappe Mehrheit von 51 Prozent erringen konnten, haben damals versichert, sie wollen nun Reformen anpacken. Darauf zu verweisen, dass Österreich gut durch die Krise gekommen ist, reicht als Begründung für den Fortbestand dieses Bündnisses nicht mehr.

Aber im ersten Regierungsjahr ist wenig geschehen. Hier etwas im Bereich der Gesundheitskosten, dort ein paar Einschränkungen bei den Frühpensionen. Immerhin wurden die Reform des Untersuchungsausschusses und das Fortpflanzungsmedizingesetz umgesetzt. Beim Bundesheer diktierten die leeren Kassen ein Sparkonzept. Die großen Themen - von Bildung über Föderalismus bis zu Pensionen und Verwaltung - wurden auch in den vergangenen Monaten nicht angegangen.

Nach dem Rücktritt von Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP) im August herrschte kurz der Eindruck vor, diese Koalition kommt endlich in den Arbeitsmodus. Wie die Vorgangsweise der beiden Parteien bei der Steuerreform zeigt, ist diese Hoffnung verpufft. Aufbruch sieht anders aus. Dann lieber der finale Bruch mit Neuwahlen. (Alexandra Föderl-Schmid, DER STANDARD, 13.12.2014)