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Pawel Pawlikowski, europäischer Regisseur des Jahres 2014.

Foto: EPA/Valda Kalnina

Der britische Filmemacher Pawel Pawlikowski, am Samstagabend in Riga zum besten europäischen Regisseur des Jahres 2014 gekürt, wurde 1957 in Warschau geboren. Er emigrierte mit seinen Eltern als Teenager ins Vereinigte Königreich, wo er später in Oxford ein Literatur- und Philosophiestudium absolvierte. Das Filmhandwerk lernte er nicht im Zuge einer formellen Ausbildung. Vielmehr machte er ab den 1990er-Jahren mit häufig preisgekrönten dokumentarischen Arbeiten für die BBC von sich reden, die um das kulturelle Erbe und die Gegenwart Osteuropas kreisten, wie Dostoevsky's Travels (1991) oder Tripping with Zhirinovsky (1994), der 1995 als bester britischer Dokumentarfilm mit dem Grierson Award ausgezeichnet wurde.

Mit seinem zweiten, ebenfalls von der BBC finanzierten Spielfilm Last Resort (2000) konnte Pawlikowski an diese Erfolge anschließen: mit einer sozialrealistischen Erzählung aus der europäischen Gegenwart, wie sie ein Halbwüchsiger und seine Mutter aus Russland in einem britischen Auffanglager im Seebad Margate erleben. Auch der darauf folgende My Summer of Love (2004), die Coming-of-Age-Geschichte zweier Teenagermädchen, die die Liebe zueinander überrascht, war ein internationaler Festival- und Programmkinohit - und der Durchbruch für die Darstellerin Emily Blunt. Die anschließende Lücke in Pawlikowskis Filmografie hat auch damit zu tun, dass sich der Filmemacher nach dem plötzlichen Tod seiner Frau um die beiden Kinder kümmern musste.

2011 standen für Die geheimnisvolle Fremde (La femme du Vème, 2011) zwar Weltstars wie Kristin Scott Thomas und Ethan Hawke vor der Kamera. Die Literaturverfilmung war aber laut Aussage ihres Regisseurs eine "kommerzielle Katastrophe" und auch sonst keine freudvolle Erfahrung.

Mit Ida schließlich, der von einer jungen Frau erzählt, die in den 1960er-Jahren dabei ist, katholische Nonne zu werden, als sie auf die jüdischen Wurzeln ihrer Familie stößt, fand Pawel Pawlikowski zu einem Stoff, den seine eigene Lebensgeschichte und eine Rückkehr in seine Geburtsstadt Warschau mitinspirierten. Er drehte außerdem erstmals in seiner alten Heimat und in Schwarzweiß: "Eine Hommage an die Fotoalben unserer Familie." Die insgesamt fünf Auszeichnungen beim Europäischen Filmpreis kann man nun als durchaus richtungsweisenden Auftakt für die anstehende Award-Season sehen. (Isabella Reicher, DER STANDARD, 15.12.2014)