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Die Lautlosigkeit und das geringere Gewicht von Elektroautos wirken sich auf das Fahrverhalten aus und können Ursachen von Unfällen sein.

Foto: DPA / Arno Burgi

Wien - Stellen Sie sich vor: Es rumst und knirscht - in der Hektik passiert Ihnen ein Parkschaden. Da Sie die ganze Woche keine Zeit haben und das Auto unbedingt brauchen, beschließen Sie, die Delle erst in der nächsten Woche reparieren zu lassen. Bei einem Fahrzeug mit Verbrennungsmotor kein Problem. Doch wie sieht es mit einem baugleichen Elektroauto aus? Fragestellungen wie diese untersucht Peter Saleh mit seinem Team am Austrian Institute of Technology (AIT) in einem Projekt namens "E-Endorse - Effects of E-Cars and Electric Powered Two-Wheelers on Road Safety".

Ein Elektroauto hat ein Problem: Während bei einem Verbrennungsmotor von vornherein ein Feuer oder zumindest ein Funke Bedingung ist, dass der Kraftstoff, also Benzin oder Diesel, sich entzündet, kann die beschädigte Batterie bei einem Fahrzeug mit elektrischem Antrieb von selbst und auch lange nach der Beschädigung in Flammen aufgehen. Bedeutet das nun, dass E-Auto-Besitzer nach jedem Parkschaden fürchten müssen, dass ihre Garage abbrennt?

"Das kann man so nicht sagen", sagt Saleh. "Aber klar ist, dass es Unterschiede zwischen mit Kraftstoff betriebenen Fahrzeugen und E-Autos gibt." Sein Team untersucht diese Unterschiede und welche genau das sind und wie sich das auf die Sicherheit der unterschiedlichen Fortbewegungsmittel auswirkt." Nach dem Brand von drei Elektromodellen des gleichen Herstellers in den USA im Jahr 2013 ist dieses Thema besonders sensibel.

Die Problematik betrifft auch die Feuerwehr. Es macht einen Unterschied, ob ein Auto gelöscht werden muss, bei dem Kraftstoff brennt, oder ob das Feuer wegen einer Batterie entstanden ist. Während beim einen Wasser ausreicht, ist das beim anderen fraglich.

Ein weiteres Phänomen, das am AIT untersucht wird, ist jenes, dass Elektroautos im Vergleich zu den kraftstoffbetriebenen Fahrzeugen fast unhörbar sind. Das hat auf der einen Seite Auswirkungen auf den Fahrer: "Bei unseren Fahrtests zeigte sich, dass ein Fahrprofi mit einem Fahrzeug mit brummendem Benzin- oder Dieselmotor eine vorgegebene Geschwindigkeit exakt, nur nach Gehör, einhalten konnte", sagt Saleh.

"Mit dem baugleichen Elektroauto ist es ein Problem, dass es viel weniger gut hörbar ist." Im Schnitt war der Fahrer um drei bis vier km/h zu schnell unterwegs - obwohl Profifahrer. "Wie das bei einem Privatfahrer aussieht, kann man nur ahnen", sagt Saleh.

Gefahr für Fußgänger

Auf der anderen Seite hat diese Lautlosigkeit auch Folgen für andere Verkehrsteilnehmer - Fußgänger zum Beispiel. Wer nur nach Gehör die Straße überquert, wird das bei einem heranbrausenden Elektroauto schnell bereuen. Um dieses Problem zu lösen, gibt es etwa Versuche, E-Autos mit künstlichen Geräuschen auszustatten, die dem Brummen eines Verbrennungsmotors ähneln.

Ein drittes Thema schließlich ist das Gewicht. Ein Elektroauto in der Golfklasse ist wegen des großen Akkus 200 bis 300 Kilogramm schwerer als sein Pendant mit Verbrennungsmotor. Welche Konsequenzen hat das für die Fahrdynamik? Wie wirkt es sich in Grenzsituationen aus, etwa bei Vollbremsungen oder abrupten Richtungswechseln? Und wie steht es schließlich bei einem Unfall selbst? Führt da das höhere Gewicht zu einem anderen Verhalten als gewohnt? Alle diese Fragen werden in Praxistests und Simulationen am AIT gestellt mit dem Ziel, Antworten zu finden.

Das Projekt, das in Kooperation mit der Technischen Universität Graz stattfindet, läuft seit zwei Jahren. Im Februar 2015 ist Halbzeit, dann werden die ersten Ergebnisse präsentiert. Die Daten werden sowohl Auswirkungen auf die Entscheidungsträger haben, die Pläne für eine sichere Integration von elektrisch angetriebenen Fahrzeugen entwickeln, als auch auf Versicherungsgesellschaften, die sich mit neuen Szenarien von potenziellen Sicherheitsrisiken befassen. Außerdem sollen sie in die Unfallforschung einfließen und letztendlich in die Entwicklung von elektrisch angetriebenen Pkws und Zweirädern. (Armin Fluch, DER STANDARD, 17.12.2014)