Lisa Figas entwirft nicht einfach nur Geschenkpapier. Sie malt Geschichten, die der weihnachtlichen Hülle Mehrwert verleihen. Da kreisen zum Beispiel bunte Flecken spiralförmig über das Papier, während ihnen das Auge des Betrachters nachtanzt. Ihre Entwürfe tragen Namen wie, "der Oktopus liebt Vanillekipferln" oder "gib der Eule noch mehr Pudding". Von der Farbe bis zum Papier achtet Figas auf hundert Prozent öko.

Dabei ist Lisa Figas nur eine der jungen Designerinnen, die zum heiligen Fest neben Weihnachtsmann, Wichtel und Waldgetier auch andere Ornamente für passend halten. Dadurch schafft sie Fantasievolles und schafft es gleichzeitig, Fantasie anzuregen. Während bei den traditionellen Motiven höchstens überlegt wird, ob das Engelchen zu süß oder doch zu pausbackig geraten ist, regen abstrakte Ideen Gedankenspiele an. Geschenkt gibt es also auch noch ein Gehirntraining mit allerlei geometrischen Formen. Der Verband deutscher Papierfabriken verkündet, Streifen, Linien, Ornamente oder Paisleymuster seien angesagt.

Selbst die Großen der Branche setzen nicht mehr nur auf die bewährten Weihnachtssymbole. In Elsbethen im Salzburger Land stellt Franz Pukschitz eine Kollektion speziell für den österreichischen Markt zusammen. Ganz neu sind Bogen in Anthrazit, Braun und Weiß mit Tannenbäumen als schwarze und rote Piktogramme. Der Name: "Style" und "Trendy".

Selbst beim Motiv "Hubert" segelt ein gezeichneter Schneemann mit Streichholzärmchen, einem Riesenkugelbauch und grüner Pudelmütze zwischen stark verfremdeten Bäumen und Schneeflocken wie schwerelos durchs All.

Es sind nicht nur der schöne Schein und das ästhetisch Reizvolle, was die Papierschicht von der Gabe trennt. Die Verpackung ist auch psychologisch wichtig. Ein bisschen Spannung, Neugier und die Frage: Ist das Präsent genauso perfekt wie die opulente Packung?

Identität stiften

Die bunte Hülle "überlagere das massenweise hergestellte Produkt mit Gefühl und mit der Identität des Gebers", sagte einst der französische Anthropologe Claude Lévi-Strauss. Schon die Ästhetik des Papiers kann dem Beschenkten verraten, was der abgesehen vom Wert des Inhalts wert ist. Das haben britische Psychologen völlig übersehen, als sie einen "Present Popularity Index" anpreisten. Für das ideale Geschenk seien die "Zeit beim Aussuchen", das "Interesse des Beschenkten am Gebenden", "Nutzen und Wert" sowie die "Umtauschmöglichkeit" wichtig.

Dabei hatte bereits 1992 der Amerikaner Daniel Howard mit seinen Studenten ein bisschen Weihnachten gespielt, um herauszufinden, wie wichtig das Geschenkpapier ist. Ergebnis: Es ist wichtig. Als sehr spezielle Aufmerksamkeit nahm der Marketingprofessor einen Fahrradsattelbezug aus Lammfell und beglückte die Studierenden einmal schlicht uneingewickelt mit der Plastiktasche des Herstellers und einmal weihnachtlich verhüllt in blau-weißem Papier samt passendem Band. Die Studiosi entschieden sich klar. Den verdeckten Lammsattel hätten sie viel lieber bekommen. Das Auspacken, schrieb Howard als Ergebnis seiner Geschenkorgie, "hat einen enormen Einfluss auf die positive Stimmung des Beschenkten".

Das stimmt mit der Doktorarbeit von Holger Schwaiger völlig überein. Der Soziologe schrieb in seiner Promotion an der Universität Erlangen über das "Schenken. Entwurf einer sozialen Morphologie aus Perspektive der Kommunikationstheorie", das Papier drumherum mache das Geschenk "zusätzlich attraktiv". Es werde zum "Unikat durch die originelle Verpackung".

Fast alles geht

Zum Fest der Feste legt sich die Geschenkpapierbranche normalerweise gerne fest. Und das schon sehr früh. Stets im Jänner ist auf der "Christmasworld" in Frankfurt zu bestaunen, warum Familien elf Monate später unter dem Tannenbaum große Augen machen werden. Heuer gilt für die heiligen Tage: Fast alles geht.

Denn das Motto der Saison heißt "Refine the style and touch the spirit". Das heißt: Eigentlich soll jeder machen, was er will. So ganz freien Lauf lassen einem die Trendsetzer dann aber doch wieder nicht. Weiß, das winterlich und weihnachtlich zugleich ist, solle schon sein, und ohne Kupfer geht heuer eigentlich gar nichts.

Trotz Geometriedesigns, Farbvorgaben und Trenddrucks: Österreicher und Deutsche sind oft konservative Kunden, stellen die Marktforscher immer wieder fest. Zum Fest der Liebe lieben sie Rot, Grün und Gold. Sie verpacken mit Nikolaus, Engel und Rentier. Doch Tradition muss nicht altmodisch sein. Die Hamburger Firma Frohstoff bietet Hirsche, Federn und eisblaue Blumen mit feiner Feder gezeichnet an. Diese machen sich im Bilderrahmen eigentlich genauso gut.

Im deutschen Fürth präsentieren die Wickels-Papierveredelungswerke mit "Kings Foil Duo" doppelfarbige Rollen mit Hochglanz. Zu Silber, Platin oder Dunkelbraun gesellt sich auf der Rückseite stets Gold. Ob Elch, Eiszapfen oder einfarbig, das Papier trotzt dem Digitalen.

Rund 50 Millionen Euro geben die Österreicher für die Hüllen zum heiligen Fest aus. Immerhin zwei Drittel geben bei Umfragen an, es sei ihnen wichtig, Geschenke schön zu verpacken. Und weil Retro und Vintage gerade so in Mode sind, besinnen sich einige auch auf die Rituale der Großmütter. Mit Bügeleisen und Bügelbrett glätten sie die Bogen für die nächste große Show im folgenden Jahr unter dem Tannenbaum.

Denn es stellt sich abseits der richtigen Papierwahl noch eine Frage: Wie schaffe ich es, das Geschenk faltenfrei einzupacken, wenn ich kein Profi bin? Knicken, falten und mit Klebeband verpicken klingt viel einfacher, als es dann auch tatsächlich ist. Ist das Papier allerdings von edlem Schein, fallen weihnachtsstressbedingte Patzer weit weniger auf. Außerdem will man dann ja doch wissen, was drin ist, im Packerl. (Oliver Zelt, Rondo, DER STANDARD, 19.12.2014)