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Breiter Protest brachte SOPA und PIPA zu Fall, nun will es die US-Filmindustrie erneut versuchen.

Vor drei Jahren scheiterten Befürworter tiefgreifender Maßnahmen gegen Online-Piraterie im US-Kongress mit ihrem Gesetzesentwurf für den "Stop Online Piracy Act" (SOPA) und den "Protect Intellectual Property Act" (PIPA). Die zwei wichtigsten Organisationen hinter dieser legislativen Unternehmung waren die Musikindustrievereinigung RIAA und ihr Hollywood-Gegenstück, die Motion Picture Association of America (MPAA).

Dem Ende von SOPA und PIPA ging eine breite Empörungswelle über die geplanten Eingriffe voraus. Mitgetragen wurde der Protest von unter anderem von Google, Facebook, Yahoo und der Wikipedia, die direkt davon betroffen gewesen wären. Letztlich wurde der SOPA-Entwurf kurz vor der Abstimmung zurückgezogen.

Weiterer Vorstoß

Doch die Filmindustrie hat ihr Vorhaben deswegen nicht ad acta gelegt. Eine Prise SOPA wurde etwa einige Monate später über den Cyber Intelligence Sharing and Protection Act (CISPA) verwirklicht. Dokumente aus dem Sony-Leak zeigen nun, dass die Studios einen weiteren Vorstoß planen und sich für DNS-Sperren stark machen.

Die Rechteinhaber haben bereits jetzt in den USA relativ weitreichende Möglichkeiten, um gegen mutmaßliche Copyrightverstöße vorzugehen. Der Digital Millenium Copyright Act (DMCA) bietet die Möglichkeit von Takedown-Aufforderungen. Diese werden unter anderem an Google geschickt, um Webseiten aus dem Suchindex entfernen zu lassen oder Youtube-Videos vom Netz zu nehmen. Maßnahmen, die durchaus umstritten sind. Takedown-Requests werden oft anhand automatisiert erstellter Listen erstellt, auf denen nicht selten auch unbedenkliche Webseiten landen.

DNS-Sperren gehen einen Schritt weiter. Wird eine Domain gesperrt, werden die nationalen Internetanbieter dazu verpflichtet, die Domain nicht mehr von ihren DNS-Servern in eine IP-Adresse "übersetzen" zu lassen, die der Browser auf technischer Ebene zur Ansteuerung der eigentlichen Seite benötigt. Dies kann einfach umgangen werden, indem der Nutzer entweder die IP-Adresse direkt eingibt oder einfach einen anderen DNS-Server einstellt. Auch VPN-Tunnel oder Tor-Routing sind geeignete Mittel.

DNS-Sperre per DMCA-Takedown

Geht es nach der MPAA, so sollen Takedown Requests künftig direkt an die DNS-Serverbetreiber übermittelt werden können. Das bedeutet, dass zur Sperre einer Seite auf diesem Level kein Gerichtsbeschluss legitimierende Instanz notwendig wäre. Die DNS-Provider wären plötzlich für die mutmaßlich copyrightverletzenden Seiten in ähnlicher Weise verantwortlich, wie YouTube für die von Nutzern hochgeladenen Videos, erklärt The Verge. Die erwartbare Flut an Anträgen könnte zudem erheblichen administrativen Mehraufwand für die Provider bedeuten.

Die Umgehungsmöglichkeiten solcher Sperren wiederum bringen ein Risiko mit sich. Es besteht die Gefahr, dass Nutzer anstelle der als sicher anzunehmenden DNS-Server ihrer Provider kompromittierte Server nutzen, die ein mächtiges Werkzeug sein können, um sie allerlei Gefahren wie mit Malware präparierte Webseiten, auszusetzen.

Vorwürfe gegen Generalstaatsanwalt

Zu den Aufdeckungen hat sich mittlerweile auch Google geäußert. Im Public Policy-Blog erhebt man schweren Verdacht gegen einen Generalstaatsanwalt aus Mississippi. Dieser hat Google eine 79-seitige Vorladung zukommen lassen, dessen Inhalte von der MPAA vorerarbeitet worden sein sollen.

Obwohl jener Anwalt, Jim Hood, nach eigenen Aussagen gegenüber der Huffington Post der MPAA nie rechtliche Fragen gestellt hatte und nicht einmal wisse, welche Anwälte sie beschäftige, soll er laut The Verge zahlreiche Gespräche mit dem Filmverband und dessen Kanzlei geführt haben. Der MPAA soll von der Vorladung bereits gewusst haben, noch bevor sie überhaupt an Google geschickt wurde.

Österreich

In Österreich ist die Sperre von Domains nach mehreren Verfahren nunmehr möglich. Rechteinhaber müssen für jede Domain einen einzelnen Sperrantrag mit Begründung verfassen und an die Provider schicken. Teilt ein Provider die Einschätzung der Antragsteller nicht, so muss ein Gericht über die Durchsetzung entscheiden.

Der Verein gegen Antipiraterie (VAP) pflegt als Vertreter österreichischer Filmfirmen nach eigenen Angaben eine Liste mit einer "niedrigen dreistelligen Anzahl an Seiten", deren Sperrung man beantragen möchte. Daneben hat auch der Musikwirtschaftsverband IFPI diverse Seiten im Visier. Auf dem Rechtsweg will man eine Erweiterung des Sperrmechanismus auf IP-Ebene durchsetzen, der wesentlich schwerer zu umgehen ist. (gpi, derStandard.at, 19.12.2014)