Unter den Kassen-GynäkologInnen betrug der Frauenanteil im vergangenen Jahr 23,2 Prozent.

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Wien/Salzburg - Die Bevorzugung von Frauenärztinnen gegenüber ihren Kollegen bei der Vergabe von Kassenverträgen ist zulässig. Das hat der Verfassungsgerichtshof entschieden. Präsident Gerhart Holzinger begründete das am Mittwoch mit dem Mangel an Kassen-Gynäkologinnen: Es gebe so lange keine Bedenken gegen die Bevorzugung von Frauen, "wie der Mangel an weiblichen Frauenärzten gegeben ist".

Die VerfassungsrichterInnen gehen davon aus, dass es bei den Patientinnen einen starken Wunsch nach Frauenärztinnen gibt. Das legen für Holzinger vor allem die zahlreichen Wahlarztrechnungen nahe: Demnach entfiel 2013 etwa ein Drittel der gesamten Wahlarztrechnungen auf den Bereich der Gynäkologie. Von diesen 40.000 Rechnungen wurden wiederum 62,5 Prozent von Ärztinnen ausgestellt. Unter den Kassen-GynäkologInnen betrug der Frauenanteil 2014 dagegen nur 23,2 Prozent.

Bedarf an Vertragsärztinnen "eindeutig"

Diese Statistik hatte die Regierung bei einer öffentlichen Verhandlung im Dezember vorgebracht, um die Bevorzugung von Frauen bei der Vergabe von Kassenverträgen zu verteidigen. Holzinger zeigte sich von den Zahlen am Mittwoch "beeindruckt": "Es ist eindeutig, dass es objektiv einen hohen Bedarf an weiblichen Vertragsärzten für Gynäkologie gibt." Daher gebe es gegen die Bevorzugung von Gynäkologinnen keine Bedenken, solange dieser Mangel bestehe. Ab welchem Frauenanteil der Mangel behoben wäre, wollte Holzinger nicht benennen.

Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser (SPÖ) findet die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs "sehr erfreulich". Österreich brauche mehr Frauenärztinnen mit Kassenvertrag, meinte sie am Mittwoch in einer Aussendung.

Klage der Salzburger Ärztekammer

Die Beschwerde geht auf einen Salzburger Arzt zurück. Er klagte die Salzburger Ärztekammer, weil er bei der Reihung für die Vergabe von Kassenverträgen gegenüber Ärztinnen benachteiligt wurde. Die Kammer begründete das mit der Reihungskriterien-Verordnung des Gesundheitsministeriums. Demnach zählt beim Sonderfach "Frauenheilkunde und Geburtshilfe" neben fachlicher Eignung, Zusatzqualifikation und Berufserfahrung auch "die durch das weibliche Geschlecht zusätzlich vermittelbare besondere Vertrauenswürdigkeit".

Das Landesgericht Salzburg beantragte daraufhin, die betreffende Bestimmung aus gleichheitsrechtlichen Gründen aufzuheben. Das wurde vom Verfassungsgerichtshof nun abgewiesen. (APA/red, derStandard.at, 14.1.2015)