Moskau - Die westlichen Sanktionen wegen der Ukraine-Krise und der Ölpreisverfall haben eine Rekord-Kapitalflucht aus Russland ausgelöst. Im vergangenen Jahr zogen Investoren netto 151,5 Milliarden Dollar aus dem Schwellenland ab, wie die russische Zentralbank am Freitag mitteilte. Damit kehrten mehr Anleger Russland den Rücken als die Notenbank erwartet hatte. In ihrer jüngsten Prognose war die Notenbank von 134 Milliarden Dollar ausgegangen. 2013 waren lediglich 61 Milliarden Dollar aus Russland abgeflossen. Während der Finanzkrise 2008 belief sich die Kapitalflucht auf 133,6 Milliarden Dollar.

Am Freitag senkte zudem die US-Ratingagentur Moody's die Bonitätsnote für Russland. Das Land werde nun nur noch mit Baa3 - eine Stufe über dem sogenannten "Ramsch"-Niveau - bewertet, teilte Moody's am Freitag mit. Eine weitere Herabstufung werde geprüft.

Neben den westlichen Sanktionen im Ukraine-Konflikt ist der Staat vor allem wegen des massiv gesunkenen Ölpreises in Zugzwang geraten, da Milliarden-Einnahmen aus dem Rohstoffgeschäft wegbrechen. Viele Geldhäuser und Unternehmen sind zudem de facto von den internationalen Kreditmärkten abgeschnitten. Nach Einschätzung der Weltbank droht dem Land eine schwere Rezession.

In Reaktion auf den Kapitalabfluss und die schlechten Wirtschaftsaussichten ist der Rubel im Vorjahr um 40 Prozent abgestürzt. Auch sechs Zinserhöhungen der Zentralbank von 11,5 Prozent auf aktuell 17 Prozent konnten dagegen nichts ausrichten. Abseits des Kapitalverkehrs hält sich Russland trotz des Ölpreisverfalls im internationalen Handel gut. Der Leistungsbilanzüberschuss (Handel von Gütern und Dienstleistungen) ist von 34 Milliarden Dollar 2013 auf 56,7 im Vorjahr angewachsen. Der Handelsbilanzüberschuss (nur Waren) stieg um vier Milliarden auf 185,6 Milliarden Dollar. (Reuters, red, DER STANDARD, 16.1.2015)