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Fehlstellung ist nicht gleich Fehlstellung. Nicht jedes schiefe Gebiss muss aus medizinischer Sicht behandelt werden. Kieferorthopäden fordern daher eine soziale Staffelung.

Foto: APA/neubauer

Wien – Die Gratiszahnspange ist ein Erbstück des früheren Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ), bevor dieser ins Verkehrsministerium wechselte. Ein Wahlzuckerl, das die neue Regierung flink beschloss. Schon bald war klar, nicht alle Kinder mit schiefen Zähnen werden davon profitieren, sondern nur jene mit medizinischen Härtefällen. Das Gesundheitsministerium geht von 30 Prozent aller Kinder aus. Der Verband der Kieferorthopäden begrüßt zwar den Vorstoß, würde aber gerne mehr Kinder mit Zahnspangen versorgen. Am 1. Juli tritt das Gesetz in Kraft.

Brock: Nicht nur medizinische Kriterien heranziehen

Verbandschef Martin Brock fordert, die finanzielle Unterstützung nicht ausschließlich an medizinische Kriterien zu knüpfen, sondern auch sozial zu staffeln. Einkommensschwache Familien sollen so auch ihren Kindern eine Zahnspange ermöglichen können, wenn nur ästhetische Gründe dafür sprechen. Denn die Zahnfehlstellungen, die abgedeckt seien, seien nicht immer für die Laien erkennbar. Heißt: Auch wenn das Gebiss nach Kraut und Rüben aussieht, muss keine medizinische Notwendigkeit bestehen, das zu korrigieren. Eine soziale Staffelung würde auch ermöglichen, dass mehr Kinder von der Gratiszahnspange profitieren, sagt Silvia M. Silli vom Verband der Kieferorthopäden. 80 Millionen Euro pro Jahr wird das Gesundheitsministerium dafür zu Verfügung stellen, 180 Kassenverträge soll es dafür geben.

Die Behandlung über Wahlärzte ist auch weiterhin möglich, nur wird dreimal mehr als bisher ersetzt. Die Kieferorthopäden sehen sich laut Brock mit verunsicherten Patienten konfrontiert. Viele würden sich vor Juli gar nicht mehr trauen, einen Kieferorthopäden aufzusuchen. Sie kennen sich zu wenig aus. Die schwierige Aufklärungsarbeit bleibe dann an den Kieferorthopäden hängen. Sie fühlen sich vom Hauptverband im Stich gelassen. Denn nun müssten sie den Eltern erklären, wann eine Zahnspange bezahlt werde und wann nicht. (mte, derStandard.at, 23.1.2015)