Der Großteil der Proteste gegen den Akademikerball verlief friedlich. Danach soll es in der Kärntner Straße eine antisemitisch motivierte Attacke auf zwei Kundgebungsteilnehmer gegeben haben.

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Wien - Politiker hatten es heuer besonders eilig, der Polizei für deren Einsatz rund um den Akademikerball und die zahlreichen Gegenkundgebungen zu danken. SPÖ-Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos sprach von "guter Arbeit", der Wiener ÖVP-Chef Manfred Juraczka zeigte "vollste Zufriedenheit", und FPÖ-Bundesparteiobmann Heinz-Christian Strache zollte "Respekt und Anerkennung".

Der Großteil der Protestkundgebungen gegen den von der Wiener FPÖ veranstalteten Burschenschafterball in Hofburg verlief friedlich. Es gab zwar Ausschreitungen, aber im Gegensatz zum Vorjahr kam es Freitagabend zu keinen nennenswerten Verwüstungen in der Innenstadt. Bei einigen Taxis, die von Demonstranten an der Weiterfahrt zur Hofburg gehindert wurden, wurden die Autoreifen zerstochen. Außerdem wurden laut Polizeiangaben einige Mistkübel und Blumentöpfe zerstört.

150 Anzeigen

Bilanz der Polizei: 5000 Kundgebungsteilnehmer (9000, sagen die Veranstalter), 2500 Polizisten, 150 Anzeigen (mehrheitlich Verwaltungsübertretungen), 54 Festnahmen. Sechs Polizeibeamte seien verletzt geworden, es handel sich um leichte Prellungen, Schnittverletzungen und ein Knalltrauma durch einen Böller. Mit der Aufarbeitung von weiteren Einsätzen in der Nacht auf Samstag war die Polizei am Sonntag noch beschäftigt, ein Zwischenfall in der Kärntner Straße wird besonders genau untersucht:

Angriff mit Pfefferspray

Mehrere Zeugen schilderten dem Standard, dass es knapp vor Mitternacht zu einer antisemitischen Attacke auf zwei Männer gekommen sei. Vier bis fünf junge, offenbar rechtsradikale Männer hätten zwei Kundgebungsteilnehmer, die auf dem Heimweg waren, als "Scheißjuden" beschimpft, bedroht und schließlich mit einem Pfefferspray attackiert. Als die beiden Opfer die Polizei gerufen hätten, seien die mutmaßlichen Täter geflüchtet. Auch das Internet-Magazin "Vice" berichtete über den Vorfall.

Polizeisprecher Patrick Maierhofer bestätigte am Sonntag auf Anfrage des Standard, dass es zur fraglichen Zeit in der Kärntner Straße einen Polizeieinsatz gegeben habe und dass eine Anzeige wegen Körperverletzung erstattet worden sei. Ob ein antisemitischer oder politischer Hintergrund vorliege, konnte er allerdings nicht sagen.

Ball auch 2016

In den vergangenen Jahren hat es in der Nacht des Akademikerballs (früher WKR-Ball) immer wieder rechtsradikal motivierte Zwischenfälle gegeben - vor allem im Umfeld von szenebekannten Neonazi-Treffs.

Der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Wien, Oskar Deutsch, hat es am Sonntag in der ORF-Pressestunde als "eine Schande" bezeichnet, dass der von der FPÖ veranstaltete Akademikerball in der Hofburg stattgefunden hat. Für die FPÖ ist es ein "traditioneller und legitimer Ball", der auch 2016 stattfinden werde. (simo, DER STANDARD, 2.2.2015)