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Auf die Konjunktur will keiner mehr bauen, damit die Lage am Arbeitsmarkt sich entspannt. Die Politik ist aufgefordert, nach Lösungen zu suchen.

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Wien – Seit gut drei Jahren hält der schwache Arbeitsmarkt die Österreicher schon in Atem. Im Jänner erreichten die Statistiken einmal mehr einen Höchstwert. 472.539 Menschen waren zu Jahresbeginn ohne Job, um 5,1 Prozent mehr als vor einem Jahr. Rechnet man die Schulungsteilnehmer heraus, betrug der Zuwachs 9,8 Prozent.

Es sind vor allem Ältere, Behinderte und Personen mit Migrationshintergrund, deren Chancen auf neue Stellen massiv gesunken sind. Und die Aussichten auf Besserung sind gering. Selbst im unwahrscheinlichen Fall, dass heuer die Konjunktur noch anzieht, dauert es mindestens ein halbes Jahr, bis sich der Aufschwung auf den Arbeitsmarkt auswirkt.

Mehr Anstrengungen notwendig

Wirtschaftsforscher wie Ulrich Schuh, Leiter des Forschungsinstituts Eco Austria, warnen daher davor, allein auf eine bessere Wirtschaftslage zu bauen. Es gehörten jetzt vielmehr die Anstrengungen erhöht, um Jobs zu schaffen und Angebot wie Nachfrage vermehrt zusammenzubringen; etwa durch Lohnsubventionen oder zusätzliche Stellen im öffentlichen Sektor. Anders als Deutschland habe sich Österreich lang auf dem Glauben ausgeruht, Europameister in Sachen Beschäftigungswachstum zu sein und dabei viele strukturellen Schwächen unterschätzt. "Wir haben uns zu wenig Problemgruppen gewidmet und werden jetzt von den Ereignissen überrollt."

Schuh geht davon aus, dass die Arbeitslosigkeit heuer kontinuierlich weiter steigt, wenn auch in langsamerem Tempo als bisher. Nach nationaler Definition legte die Arbeitslosenquote im Jänner um 0,8 Prozentpunkte auf 10,5 Prozent zu. International behält Österreich zwar seine Rolle des Musterschülers: Die Arbeitslosenquote von 4,9 Prozent nach Eurostat-Berechnung ist nach Deutschland die zweitniedrigste in der EU. Menschen mit geringer Qualifikation haben davon freilich wenig. Sie geraten auch in Österreich als Erste ins berufliche Abseits.

Handel lässt aus

Am meisten zur Arbeitslosigkeit trägt traditionell der Bau bei. Im Jänner lief es für die Branche dennoch überraschend gut. Mit 2,6 Prozent stieg die Arbeitslosigkeit hier dank stabiler Winterbaustellen unterdurchschnittlich.

Leiharbeiter hingegen gerieten stark in die Bredouille. Zuwächse über dem Schnitt gab es auch im Tourismus und im Handel. Letzterer galt bisher gut und gern als verlässlicher Jobmotor. Um von einer Umkehr zu sprechen, dafür sei es noch zu früh, sagt René Tritscher, Spartengeschäftsführer in der Wirtschaftskammer. Einzelne Handelsbranchen könnten jedoch im Vorjahr durchaus unter Druck geraten sein und reagierten nun mit Stellenabbau.

Markant aus der Statistik sticht der Rückgang der Schulungsteilnehmer des Arbeitsmarktservice: Ihre Zahl sank um fast 17 Prozent, in Wien sogar um mehr als 28 Prozent. Grund dafür sind weniger, dafür längere Kurse. Schuh hält die Strategieänderung des AMS für vernünftig: Anstatt mit kurzen Kursen, die meist wenig bringen, die Statistiken zu schönen, sei nun die Qualität erhöht worden. Vor allem Bewerbungstrainings standen regelmäßig im Schussfeld der Kritik. Sie wurden in Wien spürbar zurückgefahren.

Oppositionsparteien und Sozialpartner fordern Impulse der Regierung, um die Arbeitslosigkeit einzudämmen. Ganz oben auf der Liste: Steuerreform, Senkung der Lohnsteuer, Investitionen in Bildung wie Wohnbau und Strafen für Betriebe, die Älteren Jobs verwehren. Sozialminister Rudolf Hundstorfer pocht auf europäische Initiativen zur Belebung der Investitionen. Ohne diese stoße Arbeitsmarktpolitik an ihre Grenzen. (vk, DER STANDARD, 3.2.2015)