Die Prüfer des Rechnungshofs stellten fest, dass die Bezirksgerichte nahezu doppelt so lange für die Abwicklung von Strafverfahren brauchen wie die Landesgerichte.

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Wien – Auf eine weitere Zusammenlegung kleiner Bezirksgerichte oder gar "Eingangsgerichte" erster Instanz drängt der Rechnungshof. Er hat die "Steuerung und Qualitätssicherung" in Strafverfahren geprüft und große Unterschiede zwischen den Gerichten festgestellt. Für die Justizverwaltung hält der RH mehr Vorgaben für nötig, das Justizministerium verweist auf die Unabhängigkeit und Unversetzbarkeit der Richter.

Drei Bezirksgerichte und zwei Landesgerichte hat der RH in den Jahren 2011 und 2012 untersucht. Mit Abstand am schlechtesten schnitt das Bezirksgericht Döbling ab: 17,3 Monate dauerte dort 2012 im Durchschnitt ein Strafverfahren, während es am BG Graz-West nur 2,2 Monate waren und am BG Graz-Ost 7,4 Monate - bei einem bundesweiten Durchschnitt von 6,2 Monaten. Bei den Landesgerichten (Durchschnitt 3,7 Monate) kam Linz auf 3,1, während für Wiener Neustadt 6,5 Monate ausgewiesen wurden. Wiener Neustadt wickelte damals allerdings zwei Großverfahren ab, den Tierschützer- und der Libro-Prozess.

Richterkapazitäten

Daran fiel den Prüfern zunächst auf, dass die Bezirksgerichte nahezu doppelt so lange für die Abwicklung von Strafverfahren brauchen wie die Landesgerichte. Was sie darauf zurückführten, dass die Bezirksgerichte wesentlich kleiner sind: An zwei Drittel der BG-Standorte (100 von 140 im Jahr 2012, mittlerweile gesamt 116) stand nur weniger als eine halbe Richterkapazität für Strafsachen zur Verfügung - die restlichen für die vielen Zivilrechts-Kompetenzen. Dies sei für Spezialisierung und effiziente Verfahrensführung hinderlich, befand der RH.

Nötig wären mindestens zwei Richter mit einer Kapazität von einem Vollzeitäquivalent im Strafbereich. Um dies zu erreichen, empfiehlt der RH entweder weitere Zusammenlegungen kleiner Bezirksgerichte oder die Kompetenzverschiebung der Hauptverfahren zum Landesgericht (bzw. zum BG am LG-Sitz) - oder überhaupt die große Reform, also die Schaffung einheitlicher Eingangsgerichte erster Instanz anstelle der Landes- und Bezirksgerichte.

Kontrollen nicht dokumentiert

Als zweiten großen Problembereich machte der RH - der nur die Verwaltungstätigkeit, nicht den Bereich der unabhängigen Rechtsprechung untersuchen darf - die Justizverwaltung aus. So hätten die Leiter der Gerichte mit der kürzesten Verfahrensdauer die Dienstaufsicht effektiv wahrgenommen, die Leitung des BG Döbling aber nur "punktuelle Maßnahmen" gesetzt.

Die Prüflisten (über die Verfahrensstände) seien am BG Döbling oder am LG Wiener Neustadt nur unzureichend genutzt, Kontrollen nicht dokumentiert worden. Dabei sei für das BG Döbling von 2009 bis 2013 ein durchschnittlicher Rückstand von 105 Prozent ausgewiesen worden, "nahezu drei mal so hoch wie der Bundesschnitt".

Weitgehend unversetzbar

Für Justizverwaltungspositionen sollten, meint der Rechnungshof, die am besten geeigneten Personen ausgewählt werden - denn das sei für das Funktionieren des Gerichts und die Qualität der gesamten Justiz mitentscheidend. Aber es gebe kein Anforderungsprofil und keinen klaren Kriterien für die Bestellung von BG-Vorstehern oder LG-Präsidenten. Es sei nicht zwingend vorgesehen, sich schon im Vorfeld Kenntnisse des Justizverwaltung anzueignen. Richter seien auch in diesen Funktionen unabsetzbar und unversetzbar, "obwohl Justizmanagement andere Fähigkeiten und Kenntnisse verlangt als die richterliche Tätigkeit".

Das sei in der Verfassung so vorgesehen, hielt das Justizministerium dem Rechnungshof entgegen. So stünde einer zeitliche Befristung von Justizverwaltungstätigkeiten die in der Verfassung fixierte "sehr weitgehende Unversetzbarkeit von Richtern entgegen". Ändern könnte dies nur der Verfassungsgesetzgeber - also eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Nationalrat. Und die ebenfalls verfassungsrechtlich gesicherte Unabhängigkeit der Richter erlaube es zum Beispiel nicht, den Personalsenatsmitgliedern (die Besetzungsvorschläge erstatten) Kriterienkataloge vorzugeben. (APA, 5.2.2015)