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Die Arbeitszeit für Leiharbeiter läuft in Krisenzeiten am schnellsten ab.

Foto: dpa / Peter Endig

Wien - Seit Jänner gelten in Österreich schärfere Regelungen gegen Lohn- und Sozialdumping. Kommenden Montag haben die Sozialpartner dazu Gipfelgespräche mit kontrollierenden Behörden einberufen. Auf handfeste Ergebnisse wartet die Zeitarbeitsbranche. Sie sieht ihre Leute durch eine Flut an Billigkonkurrenten aus dem Ausland ins Abseits gedrängt.

Es sei wie in einer Rettungsgasse, klagt Klaus Lercher, Geschäftsführer von Trenkwalder und Präsident des Verbands der Zeitarbeiter: Die österreichischen Personalüberlasser stünden gesetzeskonform links und rechts an der Straße - während ausländische Anbieter mit ihren schlecht entlohnten Arbeitskräften ungehindert in der Mitte durchrauschten.

Österreich zählte im Vorjahr gut 76.900 Zeitarbeiter. 50.000 weitere seien hierzulande über ausländische Personalverleiher beschäftigt, schätzt Lercher. Exakte Daten dazu fehlen; die Finanzpolizei registriert diese zwar, aber die Zahlen wurden bisher nicht vom Sozialministerium ausgewertet.

Per Gesetz müssen sich alle Leasingunternehmen der EU an die gleichen Arbeitsrichtlinien halten. In der Praxis grassieren aber Regelbrüche und Lohndumping, erzählen auch Gewerkschafter.

Zehn Euro Lohndifferenz

In der Regel kostet ein österreichischer Arbeiter auf Zeit mindestens 30 Euro in der Stunde. Für teils unter 20 Euro bieten Leasingfirmen aus dem Osten die Dienste an. Vor allem am Bau seien österreichische Zeitarbeiter nicht länger konkurrenzfähig, sagt Lercher.

Auch Hermann Danner, der die Branche als Arbeitskräfteüberlasser in der Wirtschaftskammer OÖ vertritt, nennt die Lage mittlerweile dramatisch. "Das ganze System wird unterwandert." Danner will nicht von nachlässigen Kontrollen der Behörden sprechen. De facto aber seien viele Maßnahmen gegen die Zunahme an Sozialdumping zahnlos. "Fehlt es der Finanzpolizei an Personal, hilft das beste Gesetz nicht", sagt Susanne Haslinger, Sozialrechtsexpertin in der Gewerkschaft Pro-Ge.

Zeitarbeiter machen 2,3 Prozent der österreichischen Beschäftigten aus. 2008 waren es 2,1 Prozent, rechnet Günther Jörg vor, der der Branche mit seinem Dienstleister Infaction Marktinformationen liefert. Drei Viertel sind Arbeiter, der überwiegende Teil männlich, der Anteil an Angestellten wächst. Im Jänner nahm die Arbeitslosigkeit unter Österreichs Leihkräften im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 14,4 Prozent massiv zu.

Auftragsspitzen abdecken

Zeitarbeiter decken im Rahmen wachsender Flexibilisierung Auftragsspitzen ab. In Krisen sind sie die Ersten, die ihre Jobs verlieren. Was, wie Danner erläutert, in der Natur der Sache liegt. "Gibt es uns nicht, würden die Betriebe selbst Leute freisetzen." Er sieht seine Branche zusehends als Drehscheibe und Personalbeschaffer: Man schicke Leute nicht automatisch zum AMS, sondern wisse, wo sie gebraucht werden und bilde auch selber aus. 2013 hat eine Novelle die gesetzlichen Rahmenbedingungen für Leasingpersonal verbessert. Die Umsetzung in der Praxis läuft aus Sicht von Haslinger aber teils sehr schleppend. Sie appelliert an Betroffene, ihre Abrechnungen kontrollieren zu lassen. Denn häufiger als bei regulären Jobs würden hier etwa Facharbeiter als Hilfskräfte eingestuft. Völlige Gleichstellung mit klassischen Stellen werde es nie geben. Dafür sei die Arbeitssituation der Mitarbeiter auf Zeit zu prekär.

Es ist der enorme Preisdruck auf dem Markt, der manchen Arbeitskräfteüberlasser in den Graubereich treibt, sagt Danner. Generell aber sei seine Branche um Aufklärung bemüht. Zeitarbeit sei mittlerweile hoch reguliert und ein Job wie jeder anderer, meint Jörg.

77.000 Österreicher haben bei Personalverleihern Arbeitsverträge auf Zeit. Die Branche sieht sich zusehends als Drehscheibe. (Verena Kainrath, DER STANDARD, 7.2.2015)