Pegida-Anhänger dürfen demonstrieren und auch in Österreich als "patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes" auftreten. Das ist ihr gutes Recht, abgesichert durch Artikel 12 im Staatsgrundgesetz. Darin heißt es: "Die österreichischen Staatsbürger haben das Recht, sich zu versammeln und Vereine zu bilden." Dieses Recht gilt seit 1867, darf aber nicht missbraucht werden. Der Rechtsstaat zieht klare Grenzen: Das Zeigen eines Hitlergrußes gehört ebenso wenig dazu wie Aufrufe zu Gewalt. Die Sicherheitsbehörden müssen in solchen Fällen handeln und einschreiten.

Dass Beamte das nicht immer getan haben, war auf Fotos zu sehen, die während der Pegida-Demonstration vergangenen Montag in Wien gemacht wurden. Rechtsextremisten zeigten den Hitlergruß, daneben stehende Polizisten schritten nicht ein. Am Freitag richtete nun die Landespolizeidirektion Wien einen Aufruf an Medien, unverpixeltes Bild- und Videomaterial von der Kundgebung zur Verfügung zu stellen, um diese Personen ausforschen zu können. Das ist dringend geboten. Aufgeklärt werden muss aber auch, warum Polizisten nicht eingeschritten sind und ob gegen diese Beamten auch vorgegangen wird.

In diesem Fall bittet die Polizei sogar um Mithilfe und die Abgabe von Bildmaterial, in einem anderen Fall wollten Beamte keine Aufnahmen. Nach der Pegida-Kundgebung nahm ein Beamter einem Passanten das Handy ab, weil dieser gefilmt hatte, wie ein Mann von einem Polizisten auf dem Boden ziemlich brutal fixiert wurde. Dafür gibt es keine Rechtsgrundlagen. Das Vorgehen der Sicherheitskräfte muss aufgeklärt werden.

Der Rechtsstaat sieht aber auch vor, dass Behörden Demonstrationen im Einzelfall untersagen können - unter strengen Voraussetzungen: wenn sie die öffentliche Sicherheit oder das öffentliche Wohl gefährden oder den Strafgesetzen zuwiderlaufen. Es gibt viele Gründe, gegen das inzwischen "Akademikerball" genannte Treffen von Rechtsgerichteten zu sein, das noch dazu an einem symbolischen Ort, der Hofburg, stattfindet - wo auch der Bundespräsident seinen Amtssitz hat.

Kritik ist das eine, Gewalt etwas anderes. Da sich Organisatoren nicht klar von Gewalt distanzierten, wurden zwei Veranstaltungen untersagt. Die Begründung lieferte der grüne Sicherheitssprecher Peter Pilz, der sich an die NoWKR-Demonstranten wandte: "Ihr wollt ein paar Stunden Stadtkrieg spielen und euch wichtig machen. Dass ihr damit nur die FPÖ wichtig macht, ist euch egal ... Letzten Endes tragt ihr die Verantwortung, auch für den künftigen Umgang mit eurem wertvollsten Spielzeug: dem Demonstrationsrecht." Pilz zog hier eine klare Linie.

Wenn nun die Kronen Zeitung fordert: "Demo-Wahnsinn endlich stoppen! Kostet Millionen, Bürger werden terrorisiert", ist Vorsicht geboten. Denn wenn sich das noch immer größte Boulevardblatt etwas auf die Fahnen heftet und so etwas auf der Titelseite druckt, dann kann das zu Übersprungshandlungen in der Politik führen. Was kommt dann? Die Abschaffung der Demokratie?

Auf die Idee könnte man kommen, wenn man den Vorschlag einer Wiener Bezirksvorsteherin ernst nähme, die den Einsatz des Bundesheeres gegen Demonstranten fordert. Das zeugt von wenig Vertrauen in eine Demokratie, die die Artikulation von Protest - egal auf welcher Seite - aushalten muss.

(Alexandra Föderl-Schmid, DER STANDARD, 7.2.2015)