Gegner von TTIP (wie hier in Brüssel) sehen das Handelsabkommen als Trojanisches Pferd zum Aushöhlen von EU-Standards.

Cecilia Malmström vermisst Engagement des Kanzlers.

Die achte Verhandlungsrunde über ein Freihandelsabkommen (TTIP) zwischen EU und USA sei "ein Meilenstein" gewesen. Davon schwärmte der europäische Part in diesem seit 2013 laufenden Prozess, Chefverhandler Ignacio Garcia Bercero, am Freitag bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit seinem Gegenüber aus den USA, Dan Mullaney, zum Abschluss der fünf Tage dauernden Gespräche. Der Amerikaner zeigte sich weit weniger euphorisch, forderte bei Dienstleistungen und Investitionen stärkere Angebote. Der von TTIP-Gegnern heftig bestrittene Mechanismus für einen außergerichtlichen Investorenschutz war diesmal kein Thema. Es ging vor allem um Klein- und Mittelbetriebe, die Möglichkeiten, wie man bürokratische Hemmnisse abbauen könnte.

"Wir sind vor allem in das Thema der nachhaltigen Entwicklung eingestiegen", resümierte EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström die Verhandlungsrunde, die erste, seit sie im Amt ist (seit November 2015). Die Schwedin beurteilt die Ergebnisse nüchtern. Bis Sommer werde es drei weitere Verhandlungsrunden geben, "wir befinden uns noch sehr auf technischem Niveau".

Dennoch zeigt sie sich im Gespräch mit dem Standard ziemlich optimistisch, was einen Erfolg der TTIP-Verhandlungen betrifft: "Vor Jahresende werden wir zwar nicht abschließen können", sagt sie, aber "die amerikanische Seite ist sehr ambitioniert, dass dies noch unter Präsident Barack Obama, geschieht" - einem Demokraten. Sie beruft sich dabei auf persönliche Gespräche mit hochrangigen republikanischen Politikern, die das Handelsabkommen gerne aus dem US-Wahlkampf heraushalten wollten. Dieser wird in etwa einem Jahr voll angelaufen sein. Malmströms Schluss daraus: Man werde TTIP Anfang 2016, "noch vor den USA-Wahlen abschließen", wenn alles wie geplant laufe. Gelinge das nicht, werde sich alles auf mindestens Mitte 2017 verschieben, bis die US-Administration mit einem neuen Präsidenten wieder voll handlungsfähig sein wird.

Weil das Szenario so ist, appelliert die Handelskommissarin an die Regierungen der Mitgliedstaaten, sich viel stärker zu engagieren, "auf der höchsten politischen Ebene". Diese hätten der Kommission ein klares Mandat zu TTIP erteilt, das sie jetzt umsetzen müsse, "so transparent wie möglich". Der Beschluss dazu sei im Ministerrat einstimmig gefallen, beim EU-Gipfel von den Regierungschefs mehrfach bestätigt worden. Ein "Mini-TTIP", werde es nicht geben, das Mandat könnte im Ministerrat auch nur einstimmig wieder geändert werden. Ein besonders schwieriger Fall sei Österreich, erzählt Malmström. Sie reise derzeit durch die Mitgliedstaaten, "aber in keinem Land sei der Widerstand gegen TTIP so groß wie in Österreich". Es wäre daher nötig, dass die Regierung Farbe bekenne, "diese muss die Bevölkerung überzeugen, dass ein Handelsabkommen für unsere Wirtschaft, für Wachstum wichtig ist". (Thomas Mayer aus Brüssel, DER STANDARD, 9.2.2015)