Wien - Steigende Arbeitslosigkeit und eingefrorene Budgets zwangen zur Kurskorrektur der Arbeitsmarktförderung. Das Arbeitsmarktservice (AMS) hat das Angebot bei den in Kritik stehenden sogenannten "Aktivierungskursen" (Bewerbungstrainings etc.) gekürzt und neue Angebote (etwa für Akademiker) kreiert. Reformen liegen auch bei Förderschienen für Langzeitarbeitslose nahe.

Eine Studie des Wirtschaftsforschungsinstituts Wifo und der Unternehmensberatung Prospect gibt Hinweise, in welche Richtung es bei der Arbeitsmarktförderung in Sozialökonomischen Betrieben (SÖB) und Gemeinnützigen Beschäftigungsprojekten (GBP) gehen könnte. Hier sind grundsätzlich zwei Maßnahmen zu unterscheiden: Beschäftigungsprojekte am "zweiten Arbeitsmarkt". Hier erhalten Personen mit Vermitttlungshindernissen einen Transitarbeitsplatz in einem SÖB oder GBP samt Qualifizierung und sozialpädagogischer Betreuung, um die Chancen auf einen späteren Übergang in eine reguläre Beschäftigung zu erhöhen.

Auf der anderen Seite gibt es die gemeinnützige Arbeitskräfteüberlassung, bei der Arbeitlose, die schon eher fit für den "ersten", also regulären Arbeitsmarkt sind, von SÖB eingestellt werden, um sie an Betriebe des ersten Arbeitsmarktes zu verleihen.

Gemeinnützige Leiharbeitsfirmen

Die gemeinnützige Arbeitsüberlassung sehen die Studienautoren differenziert. In den Bundesländern, wo das Instrument noch wenig eingesetzt wird, seien die Integrationswirkungen durchaus positiv. In Wien hingegen, wo es seit 2006 extrem ausgeweitet wurde und im wesentlichen über drei soziale Arbeitskräfteüberlasser erfolgt, ist der Erfolg ein kurzfristiger und kein anhaltend positiver Effekt auf die Integration der Geförderten in Beschäftigung festzustellen.

"Gemeinnützige Arbeitskräfteüberlassung hat grundsätzlich das Potenzial, ein Sprungbrett in dauerhaft reguläre Beschäftigung zu sein", sagt Studienautor Rainer Eppel vom Wifo. Sie bietet Chancen auf Arbeitserfahrung nach langer Arbeitslosigkeit, Teilnehmer können einen potenziellen Arbeitgeber überzeugen. Aber gemeinnützige Arbeitskräfteüberlassung kann auch Sackgasse sein. Denn die Aufnahme in eine Überlassungsagentur zieht nicht zwingend Arbeitserfahrung nach sich. Nicht selten werden die Probanden nie verleast und häufen nur "Stehzeiten" an. Die Wifo-Untersuchung ergab, dass österreichweit nur ein Viertel, in Wien sogar nur jeder fünfte Arbeitslose tatsächlich an einen Beschäftigerbetrieb überlassen wurde. Kein Wunder also, dass nur wenige das eigentliche Ziel erreichen: die Übernahme in ein unbefristetes Dienstverhältnis.

Erfolg verpufft

Über vier Jahre betrachtet, relativiert sich der Erfolg allerdings: Im ersten Jahr nach Förderbeginn sind die Geförderten um 33 Tage länger oder 48,3 Prozent mehr in ungeförderter Beschäftigung als wären sie nicht gefördert worden. In den drei darauffolgenden Jahren schmilzt der positive Effekt in Summe auf 21 Tage oder 7,7 Prozent.

"Gemeinnützige Arbeitskräfteüberlassung kann ein wirksames Element eines mehrstufigen Integrationspfades sein", betont Eppel, man könne die Maßnahme aber nicht beliebig ausdehnen. Denn das Potenzial, Personen mit Vermittlungshindernissen über Personalleasing oder auch Eingliederungsbeihilfen in reguläre Jobs zu vermitteln, ist beschränkt. Er schlägt daher vor, gemeinnützige Arbeitskräfteüberlassung stärker mit anderen Elementen zu kombinieren.

Bedarf gegeben

Fakt ist: Es gibt einen steigenden Bedarf nach arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen, die eine wachsende Zahl arbeitsmarktferner Personen effektiv unterstützen. Durchaus erfolgsversprechend sind Beschäftigungsprojekte am zweiten Arbeitsmarkt. Die Studienautoren haben positive und auch länger andauernde Integrationswirkungen festgestellt, insbesondere für Frauen und Personen ab 50 Jahren. Und: Je höher das Ausbildungsniveau, desto stärker ist dieser Effekt.

Allerdings hatten fast zwei Drittel der Geförderten nur Pflichtschulabschluss, während es im "ersten" Arbeitsmarkt 46 Prozent sind.

Eppel schlägt vor, Modelle einer stufenweisen Integration in den regulären Arbeitsmarkt auszubauen, bei denen Arbeitsmarktinstrumente kombiniert und Projekte nach Zielgruppen und Bedarf differenziert werden. Überlasser könnten selbst Transitarbeitsplätze anbieten. Je nach Ausgangslage könnten Betroffene über unterschiedliche Modelle und sozialpädagogische Begleitung in Form von Qualifizierung und Betreuung schrittweise an den ersten Arbeitsmarkt herangeführt werden.

Drehtür in die Arbeitslosigkeit

Wiewohl geförderte Beschäftigung in sozialökonomischen Betrieben mess- und nachweisbare Verbesserungen für die Betroffenen bringt: Trotzdem verbringen viele Geförderte in der vierjährigen Nachkarriere einen großen Teil der Zeit in Arbeitslosigkeit: durchschnittlich mehr als 1,5 Jahre. Ein großer Teil erreicht somit trotz verbesserter Arbeitsmarktanbindung auch nach der Förderung keine dauerhafte Arbeitsmarktintegration. "Daher kommt auch dem Aus- und Aufbau von Strukturen zur längerfristigen Nachbetreuung in der künftigen Gestaltung von SÖB und GBP große Bedeutung zu", sagt Wifo-Mann Eppel. (Luise Ungerboeck, DER STANDARD, 9.2.2015)