Verschiedene Entwicklungsstadien von Plasmodien in einem Blutgefäß des Amselgehirns, die zum nahezu vollständigen Gefäßverschluss geführt haben.

Foto: Herbert Weissenböck / Vetmeduni Vienna

Wien - Wissenschafter der Vetmeduni Vienna haben entdeckt, dass die Vogelmalaria der heimischen Vogelwelt schlimmer zusetzt als angenommen. Bisher wusste man zwar um die Verbreitung der von Stechmücken übertragenen Erreger (Plasmodien), doch eine Infektion wurde für harmlos erachtet. An über 600 während der Usutu-Virusepidemie zwischen 2001 und 2004 gesammelten Amselkadavern konnten die Forscher nun aber teilweise schwere Malaria-Symptome feststellen. Einige der Vögel könnten sogar an der Plasmodien-Infektion gestorben sein.

Bislang dachte man, dass hierzulande nur Zoovögel von der Vogelmalaria gesundheitlich gefährdet seien. Und zwar jene Vögel, die aus Ländern kommen, in denen es keine Stechmücken gibt. Diese Tiere stammen aus der Antarktis oder aus dem hohen Norden und konnten sich im Laufe ihrer Entwicklung nicht an die Vogelmalaria anpassen. "So ist eine Infektion für Pinguine im Zoo beispielsweise lebensbedrohlich", erklärt der Herbert Weissenböck vom Institut für Pathologie und gerichtliche Veterinärmedizin der Vetmeduni. "Heimische Vögel haben sich evolutionär an die Blutparasiten angepasst. Sie tragen den Erreger meist in sich, erkranken aber nicht. Das dachten wir zumindest bisher."

Die Forschenden untersuchten Organe wie Leber, Milz, Lunge und Gehirn von 233 toten Amseln aus der damaligen Sammelaktion. Das Ergebnis: Etwa 15 Prozent der untersuchten Tiere waren so massiv mit Plasmodien befallen, dass auch ihre Organe bereits geschädigt waren. Die Forschenden gehen davon aus, dass die Vogelmalaria in diesen Fällen Todesursache war. Für heimische Wildvogelpopulationen sieht Weissenböck jedoch kein Risiko. "Nur ein kleiner Teil der Population stirbt wahrscheinlich regelmäßig an der Vogelmalaria. Für die Gesamtheit spielt dies keine dramatische Rolle. Dass heimische Vögel überhaupt erkranken können, ist völlig neu."

P. relictum fehlte

Auf der ganzen Welt sind etwa 100 verschiedene Plasmodienarten bekannt. Weissenböck identifizierte gemeinsam mit der Erstautorin Nora Dinhopl drei Arten in den Vögeln: Plasmodium elongatum, P. vaughani sowie eine verwandte Art des südamerikanischen P. lutzi. Diese neue Art muss noch genau analysiert und zugeordnet werden. Eine vierte Art, die in Mitteleuropa eigentlich häufig vorkommt, P. relictum, haben die Forschenden in den toten Tieren überraschenderweise nicht gefunden, wie sie im Fachjournal "Parasitology Research" schreiben. "Möglicherweise verursacht das bisher gefundene P. relictum weniger schwere Verläufe. Wir führen die Todesfälle auf die ersten drei Unterarten zurück", so Weissenböck.

Um die Organe der vor etwa zehn Jahren verstorbenen Vögel auf Malaria untersuchen zu können, wendeten Weissenböck und sein Team eine spezielle RNA-Färbemethode an. Ein Farbstoff bindet nur an jenen Stellen im Gewebe, wo sich tatsächlich auch RNA bestimmter Zellorganellen des Parasiten befindet.

In Zukunft wollen die PathologInnen diese Methode noch weiter verfeinern, um noch genauer zwischen einzelnen Parasitenunterarten differenzieren können. "Die Malaria weist man normalerweise im Blut nach. Fachleute können Plasmodien in den roten Blutkörperchen unterm Mikroskop nachweisen. Diese Möglichkeit hatten wir mit unseren archivierten Proben nicht mehr. Wir möchten unsere RNA-Färbung nun auch für Blutproben optimieren. Nur so können wir unterschiedliche Parasiten auch im Blut treffsicher unterscheiden", betont Weissenböck.

Plasmodien auch für Stechmücken ein Problem

Für Stechmücken scheint der Parasit auch problematisch zu sein. In einer vor kurzem veröffentlichten Studie zeigten litauische Kooperationspartner der der Vetmeduni Vienna, dass eine hohe Belastung mit Plasmodien auch den Insekten das Leben kostet. "Wahrscheinlich wird sogar die Stechmückenpopulation so jedes Jahr auf natürliche Weise reduziert", so Weissenböck. (red, derStandard.at, 10.2.2015)