Wien - Eine junge Familie blickt angsterfüllt in die Kamera: "Wie lange gehört unser Eigentum noch uns?" Hier wirbt die "Aktionsplattform für Leistung und Eigentum" mit einer "Informationskampagne" gegen den "Vermögenssteuer-Unsinn". Dahinter steckt eine Initiative, die sich "Der Mittelstand" nennt und eine namensgleiche Homepage betreibt: der-mittelstand.at. Auf einem anderen Sujet blickt ein Handwerker sorgenvoll in die Kamera: "Wie lange kann ich mir meinen Betrieb in meiner Region noch leisten?" Der Slogan auf dem Inserat lautet: "Neue Steuern gefährden Eigentum. Sie sagen Millionäre und meinen uns."

Stummvoll als Sprecher

Die Kampagne läuft seit September 2014 mit Inseratenschaltungen in österreichischen Printmedien und kommt aus dem Umfeld der ÖVP. Als Sprecher der Plattform agieren etwa Günter Stummvoll, ehemals Generalsekretär der Wirtschaftskammer und langjähriger Finanzsprecher der ÖVP im Parlament sowie Michaela Reitterer, Präsidentin der Österreichischen Hoteliervereinigung, und Bernhard Budil, der die Land- und Forstwirte vertritt. Parallel zu den Verhandlungen auf politischer Chefebene mobilisieren auch etliche Interessenvereinigungen für und gegen die Pläne einer Steuerreform, deren Details von der Regierung noch im März vorgelegt werden sollen.

Offenbar verlassen sich die Parteien nicht nur auf ihr Verhandlungsgeschick, sondern versuchen auch mit begleitenden Imagekampagnen aus ihrem Umfeld, die öffentliche Meinungsbildung zu beeinflussen.

Begleitende Berichte

Interessengruppen locken Medien mit Inseraten, wenn auch "begleitende PR-Berichte" in Form von Interviews kostenlos abgedruckt werden. Andere Initiativen setzen auf Protestversammlungen: Eine solche wollen die Land- und Forstwirte Ende des Monats abhalten, um "gegen Vermögenssteuern und Enteignung" zu demonstrieren. "Vermögenssteuern ruinieren die Wirtschaft, vernichten Arbeitsplätze und zerstören das Kulturerbe Österreichs", heißt es in der Einladung. "In der Protestversammlung werden wir mit 'Gerechtigkeits'-Mythen aufräumen und die Wahrheit ans Licht bringen", versprechen die Veranstalter.

Auf der anderen politischen Seite macht der Gewerkschaftsbund für seine Vorstellung einer gerechten Steuerreform mobil und fordert in einer breit angelegten Kampagne seit Monaten unter anderem "Lohnsteuer runter" . Im Gleichklang mit der SPÖ fordert der ÖGB "mehr Verteilungsgerechtigkeit: große Vermögen, Erbschaften, Schenkungen und Stiftungen usw. besteuern", das soll zwei Milliarden Euro bringen. Das gemeinsame Modell von ÖGB und Arbeiterkammer, das von Bundeskanzler Werner Faymann übernommen worden ist, sieht Entlastungen von insgesamt knapp unter sechs Milliarden Euro vor. Auf der ÖGB-Homepage läuft unter der Androhung "Wir nehmen die Regierung beim Wort" die Uhr, da werden Tage und Sekunden heruntergezählt, "bis die Bundesregierung ein Lohnsteuerkonzept vorlegen muss". 34 Tage hat die Regierung nach dieser Zählung noch Zeit.

"Wehrt Euch"

Andere Initiativen vertreten schlicht ihre eigenen Interessen, die Motive sind nachvollziehbar. Wer dieser Tage ins Kino geht, wird dort mit einem Werbespot konfrontiert, in dem die Kinobetreiber gegen die drohende Erhöhung der Mehrwertsteuer für Karten von zehn auf 20 Prozent protestieren. Auch die Konzertbranche hat sich unter ticketsteuer.at zu einem Protest zusammengeschlossen: "Wehrt Euch". (Michael Völker, DER STANDARD, 11.2.2015)