Hunde gibt es in allen Größen und Farben. Obwohl einige verantwortliche Gene identifiziert werden konnten, sind die generellen Mechanismen ihrer Vielfalt nach wie vor ungeklärt.

Foto: Heinrich Sperling

Gelnhausen - Riesige Doggen, winzige Chihuahuas, knautschige Möpse und gepunktete Dalmatiner - es gibt fast 350 Hunderassen, die sich in Größe, Aussehen und Temperament voneinander unterscheiden. "Wie es zu dieser außergewöhnlichen Vielfalt kam, ist noch ungeklärt", sagt Violeta Munoz-Fuentes vom Senckenberg Forschungsinstitut in Gelnhausen. Genetisch betrachtet sei selbst ein Chihuahua eigentlich noch ein Wolf, der Unterschied in der DNA zwischen Hunden und Wölfen sei minimal, so die Forscherin.

Ein internationales Team um Munoz-Fuente konnte kürzlich anhand von Vergleichen zwischen Wolf und Hund, Ziege und Steinbock sowie Schaf- und Mufflon die These widerlegen, dass Haustiere über eine höhere Rekombinationsrate ihrer DNA verfügen als Wildtiere. Diese Annahme galt lange als gültige Erklärung für die vielfältigen Erscheinungsformen von Haustieren. Die Studie erschien Fachjournal "Molecular Biology and Evolution".

Genetische Neuanordnung

Bisher ging man davon aus, dass der Mensch durch seine starke Selektion bei der Hundezucht eine erhöhte Rekombinationsrate der Hunde-DNA bewirkte, die wiederum zu der großen Vielfalt führte. Unter Rekombination versteht man die Neuanordnung von genetischem Material in Zellen, die zu neuen Gen- und Merkmalskombinationen führt. "Man ging davon aus, dass durch die menschliche Züchtung die Fähigkeit zur DNA-Rekombination von Generation zu Generation zunahm und sich so innerhalb eines relativ kurzen Zeitraums - zwischen 15.000 und 100.000 Jahren vor heute - die heutige Vielfalt an Hundetypen entwickeln konnte", erklärt Munoz-Fuentes.

Der Wolf dagegen blieb in dieser Zeitspanne nahezu unverändert - in Aussehen wie Verhalten. Also stellten die Forscher Vergleiche hinsichtlich der Rekombinationsrate zwischen Hund und Wolf, Ziegen und Steinböcken sowie Hausschafen und Mufflons an. Dafür benötigten sie Zelltypen, welche in Fortpflanzungsorganen, in diesem Fall den Hoden der untersuchten Tiere, vorkommen. "Es war gar nicht so einfach an die Hoden heranzukommen. Wir haben Tierärzte, Schlachter und Zoos kontaktiert und sogar Jagden besucht, wo uns die Jäger erlaubten, Material zu sammeln", erzählt die Biologin.

Das Ergebnis des Vergleiches enthielt zur Überraschung der Forscher keinen Hinweis auf eine höhere Fähigkeit zur DNA-Rekombination bei Haustieren, sondern ganz im Gegenteil: Demnach besitzen Wildtiere eine höhere Rekombinationsrate in ihrer DNA. Damit ist die bisherige Hypothese zur Vielfalt unter den Haustieren widerlegt. Um das Rätsel zu lösen, sei nun weitere Forschung notwendig. (red, derStandard.at, 15.2.2015)