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Am 14. Februar 2005 starb Rafik al-Hariri (Plakat an der Wand) bei einem Attentat. Seine Ermordung hatte weitreichende Folgen für den Libanon. Am Samstag steht der Libanon im Zeichen des Gedenkens.


Foto: AP / Hussein Malla

Beirut/Wien - Rafik al-Hariri sei heute ein Symbol für die einstige Stabilität, Sicherheit und Wohlstand des Libanon, sagte Großmufti Abdel Latif Derian zum zehnten Todestag des Business-Tycoons und mehrfachen libanesischen Premiers. Am 14. Februar 2005 wurde Hariri bei einem Attentat in Beirut ermordet, 12 Menschen starben mit ihm, mehr als 200 wurden verletzt. Sein Tod hatte von den Mördern gewiss nicht beabsichtigte Folgen (wenn man nicht Verschwörungstheorien anhängt), wie den Abzug der syrischen Truppen aus dem Libanon bereits im April 2005. Die Tat wurde syrischen oder prosyrischen Kreisen zugeschrieben und löste eine riesige antisyrische Protestwelle aus, die in die Geschichte als "Zedern-Revolution" einging.

Aber der Todestag Hariris markierte auch eine tiefe Spaltung, die den Libanon bis heute plagt und politisch lähmt. Das prosyrische Lager - im Wesentlichen die schiitische Hisbollah - mobilisierte ebenfalls. Vom Datum der größten Demonstrationen im März 2005 stammen die Namen der verfeindeten Gruppen, die - das gehört zum libanesischen Paradoxon - aber gerade wieder in einer Regierung sitzen: die "Allianz des 8. März" (prosyrische Hisbollah und ihre Verbündeten) und die "Allianz des 14. März", das von der sunnitischen Partei "Zukunftsbewegung" von Saad al-Hariri - Sohn des Ermordeten - angeführte antisyrische Bündnis.

In Beirut stehen am Samstag alle Zeichen auf Gedenken, sechs TV-Stationen strahlen eine gemeinsam produzierte Produktion namens "Die Ära Rafik Hariris" aus. Es wird auch an einem aufwändigen Mausoleum für Hariri gebaut, in dem neben ihm seine sieben Leibwächter und zwei 2012 und 2013 ermordete Hariri-Vertraute mit ihren Sicherheitsleuten liegen. Denn die Attentatsserie ging weiter, gleich einen Monat nach Hariris Tod wurde der Journalist Samir Kassir ermordet, viele weitere Opfer folgten.

Special Tribunal for Lebanon

Die internationale Antwort waren Uno-Sicherheitsratsresolutionen, die die völlige Umsetzung des Taif-Abkommens verlangten, mit dem 1989 der libanesische Bürgerkrieg beendet wurde - dazu gehörte der syrische Abzug, aber auch die Auflösung aller Milizen, wozu auch der bewaffnete Arm der Hisbollah gehören würde. Der Sicherheitsrat ordnete aber auch eine Untersuchung über die Attentate an, und 2007 wurde das "Special Tribunal for Lebanon" (STL) etabliert, das am 1. März 2009 in Leidschendam bei Den Haag die Arbeit aufnahm.

Von einer syrisch-libanesischen Geheimdienstpiste bewegten sich die Ermittler bald in Richtung Hisbollah: 2011 wurde die Anklage gegen vier (später kam ein fünfter dazu) Hisbollah-Mitglieder erhoben (individuell, das heißt, nicht gegen die Hisbollah). Gegen sie wird in absentia verhandelt, auch soeben wieder finden wieder Zeugenaussagen statt. Die fünf Angeklagten sind "nicht auffindbar". Nach dem Militärschlag Israels auf eine Gruppe Hisbollah-Kämpfer und einen iranischen Kommandanten auf dem syrischen Golan im Jänner gab es das Gerücht, einer der Angeklagten, Mustafa Badreddin, sei dabei gewesen, aber nicht getötet worden.

Das STL ist immer wieder ein Stolperstein für libanesische Einheitsregierungen, denn der Libanon ist verpflichtet, einen Teil der Kosten für das STL zu bezahlen. 2009 wollte die Hisbollah Premier Saad Hariri dazu zwingen, sich aus dem STL zurückzuziehen, an seiner Weigerung zerbrach die gemeinsame Regierung. 2011 etwa überwies Premier Najib Mikati mangels Konsenses die Rate aus einem Katastrophenfonds.

Zahlungen Hariris an Syrer

Seit dem Ausbruch des Kriegs in Syrien, in dem die Hisbollah an der Seite des Assad-Regimes und radikale libanesische Sunniten auf der anderen kämpfen, haben sich die Spannungen zwischen den Blöcken noch einmal verschärft: Die Wahl eines Staatspräsidenten im Parlament ist unmöglich, auch die Parlamentswahlen mussten verschoben werden.

Einen Einblick in die Abgründe des syrisch-libanesischen Verhältnisses, in dem auch Hariri nicht stets auf antisyrischer Seite stand, lieferte soeben die Aussage des Hariri-Vertrauten Ghaleb al-Shamaa in Den Haag: Hariri habe über zehn Jahre lang monatlich mindestens 67.000 US-Dollar an Syriens Geheimdienstchef im Libanon, Rustom Ghazaleh, bezahlt, "um diesen zufriedenzustellen". Das sei kein Bestechungsgeld, sondern so üblich gewesen. (Gudrun Harrer, DER STANDARD, 14.2.2015)