STANDARD: Wie heißt Österreichs größte Werbeagentur Demner, Merlicek & Bergmann denn nun, wo ihr Franz Merlicek schon zum zweiten Mal und offenbar ganz abhanden kommt?

Demner: Demner, Merlicek & Bergmann. We are a Brand. Sonst hätten wir ja schon seit gut 25 Jahren anders heißen müssen, als Merlicek seine Anteile verkauft und die Geschäftsführung verlassen hat. Wir bleiben bei dem Namen auch aus Respekt vor Franz Merlicek, er ist Teil der Identität. Und das wird er bleiben, auch wenn ihn Verwicklungen wie in einer griechischen Göttersage wieder von uns entfernen.

STANDARD: Könnte aber gut sein, dass es dann bald zwei Agenturen mit Merliceks Namen in Österreich gibt - seine Frau Rosa Haider-Merlicek, von der sich Ihre Agentur im November getrennt hat, denkt ja recht konkret und öffentlich über eine neue Agentur mit ihrem Mann nach.

Demner: Gut, dass sie nachdenkt. Hoffentlich auch an ihre Verpflichtungen uns gegenüber! Abgesehen davon: Wir haben uns die Konkurrenz immer schon auch selbst gemacht. So lange das in einen fairen und sportlichen Wettbewerb mündet, belebt das die Sinne.

STANDARD: Wie besetzen Sie nach?

Bergmann: Merlicek kann man nicht ersetzen, und Rosa wollen wir nicht ersetzen.

Demner: Unsere neue Struktur in der Agentur, die wir ja schon ab Spätsommer 2014 umgesetzt haben, fängt das gut auf. Haiders Etats sind teils Ende September 2014 neu besetzt worden. Die Leute haben längst schon ihre Meisterstückeln abgeliefert.

STANDARD: Warum dieser Umbau - der offenbar auch zum Eklat geführt hat und zur Trennung von Rosa Haider-Merlicek?

Bergmann: Klassische Agenturen, die sich auf das verlassen, was sie gestern noch leidlich gekonnt haben, haben keine Zukunft, wenn sie nicht heute für morgen aufgestellt sind. "Change" ist angesagt.

Demner: Und Change war auch der Auslöser für den Konflikt: Nach einer Umstrukturierung im letzten Sommer führen nun acht Kreativdirektoren deutlich kleinere, schlagkräftigere Teams. Diese gravierende Änderung hat eine ganze Reihe junger Leute in verantwortliche Positionen gebracht. Was die Agentur - entgegen dem Branchentrend - nicht hat, sind Nachwuchsprobleme.

Bergmann: Den Umbruch in der Branche spüren Medien wie Agenturen massiv. Es wird zusehends kalt in unserem Metier.

Demner: Die Konjunktur stottert. Früher lautete der Auftrag an Agenturen: Machen Sie das Beste für unsere Marke. Heute und vor allem morgen heißt es: Machen Sie aus weniger viel mehr für unsere Marke. Das ist das Kunststück, das zu vollbringen ist. Der Aufwand steigt, die Honorare steigen nicht. Das alles stellt Agenturen vor enorme Herausforderungen. Haufenweise werden in diesem Land Ableger von multinationalen Agenturketten zugesperrt oder zusammengelegt. Jene, die in den Neunzigern mit dem Geld nur so gewachelt haben, um uns zu übernehmen.

STANDARD: Bedauern Sie womöglich im deutlich raueren Werbeklima heute die Entscheidung von damals, nicht zu verkaufen?

Demner: Nicht eine Sekunde. Wir haben nichts anderes gelernt, was sollten wir mit dem Geld? Da wäre der Beutel reicher und das Herz ärmer geworden.

STANDARD: Wie geht's weiter? Demner, Merlicek & Bergmann bleibt für immerdar und inhabergeführt die größte österreichische Werbeagentur?

Demner: Wir kommen, Schritt für Schritt und zusehends, von einer inhabergeführten zu einer inhabergelenkten, aber managementgeführten Agentur.

Bergmann: Wir haben tolle Leute - das will aber dem Branchen-Boulevard nicht so auffallen wie gekonnt inszenierte Abgänge.

STANDARD: Wie jener von Rosa Haider-Merlicek. Was geschah damals Mitte November aus Ihrer Sicht?

Demner: Ich möchte Frau Haider nicht schaden. Daher möchte ich nicht allzu detailliert auf die Dinge eingehen. Aber Sie können sicher sein: Wir sind nicht berüchtigt dafür, uns von Leuten willkürlich zu trennen. Der Trennung sind Dinge vorangegangen, die sich Frau Haider-Merlicek als Frau Haider in anderen Unternehmen nicht hätte leisten können.

STANDARD: Was da genau passiert ist, verraten Sie ...

Demner: ... nicht.

STANDARD: Und was gab den Ausschlag für Merliceks Abgang?

Mariusz Jan Demner (li.) und Harry Bergmann, seit Jahr und Tag Bosse und Gesellschafter von DMB.
Foto: DMB Cornelia Gstettner

Demner: Wir haben seine Situation viele Wochen lang diskutiert. Er war hin- und hergerissen zwischen der Loyalität zu seiner Ehefrau und zur Agentur, die er mit mir gegründet hat. Das war wohl auch für ihn, jedenfalls aber für mich und Harry Bergmann eine sehr schwere Prüfung.

Bergmann: Wir haben in den Wochen nach der Trennung von Rosa versucht, das aufrechtzuerhalten, was die Agentur über viele Jahrzehnte dargestellt hat. Es geht gar nicht darum, inwieweit der Jacky (Franz Merlicek) ein betriebswirtschaftliches Gewicht hat: Er war hier Vorbild, Integrationsfigur und Teil des Nimbus.

Demner: Im Gegensatz zu mir war er Everybody's Darling.

Bergmann: Wir haben wirklich versucht, das eine vom anderen zu trennen. Wir haben Modell um Modell diskutiert - und das zog sich über Monate. Das lange Hin und Her hat viele MitarbeiterInnen auch irritiert. Und so traurig es ist, dass er geht, es hat schließlich Klarheit geschaffen. Für ihn, für uns vor allem aber für viele MitarbeiterInnen in der Agentur.

STANDARD: Woran ist es letztlich gescheitert?

Demner: Wir haben immer versucht, die familiäre Situation aus der Agentur herauszuhalten. Das ist durch den Konflikt nicht mehr möglich gewesen. Und am Schluss sind alle Versuche, zu einer anderen Art von Kooperation zu kommen, gescheitert. Wir sind auf viele Forderungen eingegangen - bis auf eine. Wenn ich sage: Wir mussten uns letztlich trennen, um MitarbeiterInnen zu schützen, dann können wir danach doch nicht Bedingungen der Ehefrau akzeptieren, die alle anderen schlechter stellen. Da könnten wir zusperren.

STANDARD: Welche Forderung das war, verraten Sie vermutlich nicht?

Demner: Das kann ich nicht. Ich habe in diesen Wochen keine Nacht durchgeschlafen. Nicht aus Sorge um Konsequenzen für die Agentur. Sondern weil es mir wirklich weh getan hat, dass Merlicek und wir in einer solchen Situation waren. Und so waren wir alle erleichtert, als er eine Entscheidung getroffen hat.

STANDARD: Ein schmerzlicher Abschied auf Nimmerwiedersehen?

Demner: Wer weiß? Er ist schon einmal aus der Agentur hinausgegangen, weil er keine unternehmerische Verantwortung mehr tragen wollte, weil er ruhig schlafen wollte, weil er keine Lust hatte, mit Leuten reden zu müssen, die ihm am Arsch gehen, wie er damals sagte. Und der Kontakt ist nicht abgerissen, er hat wieder für uns gearbeitet, und laufend ein bisschen mehr. Wir haben ein Biotop um ihn errichtet - zum großen Vorteil beider Seiten. Das Provisorium aus den späten 1980ern hat bis jetzt gehalten.

Bergmann: Natürlich war die Trennung schmerzlich. Aber der Prozess der letzten Monate war schmerzlicher als die Beendigung des Prozesses. Jeder Zugang verändert eine Agentur ein bisschen, jeder Abgang auch - und so einer überhaupt. Aber es entsteht auch Raum für Neues. Und das macht sich bereits bemerkbar.

STANDARD: Wie haben die Kunden reagiert?

Bergmann: Wir haben mit allen Kunden persönlich geredet, die haben durchwegs gesagt: Okay, das ist eure Geschichte. Wir haben für Kunden teils über 20 Jahre mit wechselnden Teams die optimale Leistung erbracht. Sie trauen uns das auch künftig zu.

STANDARD: Wird Merlicek für Sie merkbar fehlen? Und im Output der Agentur?

Demner: Er wird uns allen fehlen. Aber er war die längste Zeit weder Inhaber noch in der Geschäftsführung. Wie wir die Agentur entwickelt und weiterentwickelt haben, mit einer in den letzten zwei Jahren deutlich verjüngten Geschäftsleitung - daran hat er keinen Anteil gehabt. Aber er ist der Merlicek. Also wird er uns fehlen. Bergmann und mir wohl mehr als den Leuten, die nun den Job machen. (Harald Fidler, derStandard.at, 14.02.2015)