Links das Fossil einer Seelilie aus dem Jura, rechts eine heute lebende Crinoiden-Spezies. In beiden Arten wurden sehr ähnliche Chinon-Farbstoffe festgestellt, was auf die Farbgebung der urzeitlichen Meeresbewohner hindeutet.

Foto: PNAS/Universität Göttingen

Göttingen - Aus Fossilien lassen sich heute zwar die Formen urzeitlicher Meerestiere erahnen, von ihrer Farbgebung wissen wir dagegen kaum etwas. Die ursprünglichen organischen Farbstoffe sind nur in seltenen Fällen erhalten, die Rekonstruktionen basieren zumindest in dieser Hinsicht allein auf Mutmaßungen. Nun haben deutsche Wissenschafter festgestellt, dass die Farbstoffe der modernen Nachfahren urzeitlicher Seelilien bereits mindestens 240 Millionen Jahre alt sind. Die Entdeckung liefert brauchbare Hinweise darauf, mit welchen Farben sich damalige Seelilien-Spezies geschmückt haben könnten.

Bisher waren auch die Farbstoffe von heutigen Organismen aus der Tiefsee nur wenig erforscht. Klaus Wolkenstein vom Geowissenschaftlichen Zentrum der Universität Göttingen konnte jetzt aber sowohl bei einer Vielzahl von fossilen Seelilien und Haarsternen (Crinoiden) aus der Jura- und Trias-Zeit als auch bei noch heute lebenden Seelilien aus der Tiefsee die gleiche Gruppe von Chinon-Farbstoffen (Hypericine) nachweisen.

So konnte erstmals gezeigt werden, dass diese Farbstoffe in den mit Seesternen verwandten Lebewesen seit mindestens 240 Millionen Jahren weitverbreitet vorkommen und sich im Laufe der Crinoiden-Evolution fast nicht verändert haben. Die Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences of the USA (PNAS) erschienen.

Rückschlüsse auf Farbenwelt der Urzeit-Seelilien

"Die große Beständigkeit und weite Verbreitung der Hypericine in der Entwicklungsgeschichte der Crinoiden deutet darauf hin, dass die Stoffe für die Crinoiden wichtige Funktionen erfüllten und etwa der Fraßabwehr oder dem Schutz vor Bewuchs durch andere Organismen dienten", sagt Wolkenstein. Die verblüffende Übereinstimmung von fossilen und heutigen Crinoiden-Farbstoffen ermöglicht darüber hinaus Rückschlüsse auf die tatsächliche Färbung der Crinoiden in der Urzeit.

Hypericine können, je nachdem in welcher chemischen Form sie vorliegen, eine violette oder grünliche Färbung aufweisen. Heutige durch Hypericine gefärbte Crinoiden sind häufig dunkelgrün gefärbt. "Deshalb könnte es sein, dass Crinoiden in der Urzeit nicht, wie gelegentlich in Lebensdarstellungen im Museum zu sehen ist, leuchtend rot oder orange gefärbt waren, sondern dunkelgrün wie ihre heutigen Nachfahren in der Tiefsee", so Wolkenstein. (red, derStandard.at, 17.2.2015)