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Ein Blick in das ISS-Modul "Destiny". Bisher konnten man bereits 300 verschiedene Mikroorganismen auf der Raumstation nachweisen. Forscher glauben, dass sich dort auch Archaeen heimisch fühlen.

Foto: APA/ EPA/NASA

Graz - Archaeen sind einzellige Organismen mit einem erstaunlichen Überlebenswillen, die selbst widrigsten Bedingungen trotzen können: Sie leben in Salzseen, im Faulschlamm oder in der Nähe von heißen Tiefsee-Quellen - und auf menschlicher Haut. Christina Moissl-Eichinger von der Medizinischen Universität Graz vermutet daher, dass diese Mikroorganismen auch in der Internationalen Raumstation ISS mitfliegen - quasi als blinde Passagiere.

Raumfahrzeuge - insbesondere solche, die auf anderen Himmelskörper landen sollen - müssen so sauber und keimfrei wie möglich sein, um eine unfreiwillige Kontamination mit terrestrischen Lebensformen zu vermeiden. Mikrobielle Verunreinigungen können aber auch zur Gesundheitsbedrohung für die Astronauten werden. Für den Bau von Raumschiffen oder -sonden nutzen die NASA und die ESA daher sterile Reinräume. Diese werden regelmäßig mit speziellen Chemikalien gereinigt und bei Überdruck gehalten, ultraviolettes Licht und Hitzebehandlung dienen dazu, Objekte zu säubern, die Arbeiter müssen Spezialanzüge tragen und werken wohl an einem der saubersten Plätze der Erde.

Selbst Reinräume sind nicht steril

Dennoch gibt es Mikroorganismen, die trotz der extremen Bedingungen, wie Trockenheit, Nahrungsmangel oder Desinfektionsmitteln überleben können: Archaeen beispielsweise sind solche Anpassungskünstler. Diese hat die Mikrobiologin Moissl-Eichinger bereits in den Reinräumen der ESA und NASA gefunden und erkannt, dass diese einzelligen Organismen auch die menschliche Haut besiedeln. Aus ihrer Sicht liegt der Schluss nahe, dass diese Überlebenskünstler auch eine Rolle in der Internationalen Raumstation spielen könnten.

Bisher hat man in diesem künstlichen Lebensraum, der sich u.a. durch verringerte Schwerkraft und höherer Strahlungsdosen auszeichnet, zwar rund 300 verschiedene Organismen nachweisen können - nicht aber Archaeen. "Wir gehen davon aus, dass Archaaen, die bisher nicht als Krankheitserreger bekannt sind, auf der ISS vorkommen. Interessant ist, wie sie sich dort verhalten", so die Expertin für extremophile Mikroorganismen.

Macht das All Keime virulenter?

"Uns interessiert, wie sich die Bedingungen im isolierten System der ISS auf die Artenvielfalt und deren Zusammensetzung auswirken", sagte die Forscherin. Dazu sollen im kommenden Jahr im Rahmen des von ihr geleiteten Projektes ARBEX von einem ISS-Astronauten regelmäßig Proben aus den russischen und europäischen Modulen der ISS genommen werden, die dann u.a. in Graz untersucht und weiter kultiviert werden. Beispielsweise könnte es durchaus sein, dass die Einzeller im isolierten System der ISS Resistenzen entwickeln: Vorstudien hätten beispielsweise gezeigt, das Salmonellen mit verstärkter Virulenz auf den Stress in einer neuen extremen Habitat reagieren. "Wir wollen die Mikroben in ihrer Gesamtheit an Bord verstehen und unter Kontrolle halten", umriss die Forscherin das Ziel ihres jüngsten Projektes. (APA/red, derStandard.at, 22.2.2015)