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Auf der Suche nach einer Lösung im Schuldenstreit wird es eng.

Foto: apa/Patrick Pleul

"Wir kommen uns näher, Tag für Tag, Stunde für Stunde", hatte sich der griechische Finanzminister Yiannis Varoufakis noch in der Nacht auf Donnerstag im griechischen Fernsehen optimistisch gezeigt. Im Streit um eine Verlängerung des zweiten Rettungsprogramms für sein Land, welches die Auszahlung von noch ausstehenden Krediten im Umfang von 7,2 Milliarden im Gegenzug zu Reform- und Sparauflagen von Eurozone und Internationalem Währungsfonds (IWF) vorsieht, kündigte er den seit Montag erwarteten "Brief aus Athen" mit dem entsprechenden Antrag an.

Ein solcher war von den Finanzministern der Eurogruppe verlangt worden. Andernfalls, so die Drohung des Deutschen Wolfgang Schäuble, laufe das Hilfsprogramm Ende des Monats automatisch aus, und es sei "over". Dem Land würde dadurch noch im Frühjahr die Zahlungsunfähigkeit drohen, weil es die Rückzahlung von Krediten des IWF kaum leisten könnte. Am späten Vormittag gab Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem, mit dem Varoufakis Anfang der Woche noch hart aufeinandergeprallt war, Entwarnung. Der Antrag der griechischen Regierung sei eingetroffen, verkündete er via Twitter und kündigte kurz darauf die Einberufung einer Sondersitzung der Eurogruppe für Freitag an.

Positive Signale

Nicht nur aus Kreisen des Eurogruppenchefs, sondern auch seitens der EU-Kommission kamen positive Signale: Dies könnte "ein erster Schritt" zur Lösung sein, sagte der Sprecher von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, der sich als Vermittler bemüht, er sei "optimistisch".

Noch bevor die Experten der Eurogruppe sich am Nachmittag über den Antragstext aus Athen beugten, um die formellen und juristischen Finessen zu prüfen, kam jedoch bereits eine kalte Dusche aus Berlin: Der Brief sei "nicht ausreichend", verkündete der Sprecher von Finanzminister Wolfgang Schäuble. Die griechische Regierung müsse "klare Garantien" abgeben, dass sie zu den vereinbarten Reform- und Sparmaßnahmen auch wirklich stehe. Genau das scheint - trotz oder wegen des Briefes - eigentlicher Knackpunkt für jede Lösung zu sein. Denn zu Mittag ließ die Regierung in Athen dazu verbreiten, dass sie die Spar- und Reformforderungen nicht einhalten wolle, unbesehen des Antrages auf Verlängerung der Kredithilfen, den sie nicht nachbessern wolle. Berlin verlangt nach Angaben aus griechischen Verhandlungskreisen einen Verzicht auf bereits angekündigte Arbeitsmarkt- und Sozialreformen.

In der Vorbereitungssitzung für das Eurogruppentreffen habe der deutsche Vertreter darauf bestanden, dass in Griechenland ab sofort keine Entscheidungen mehr getroffen werden dürften, die gegen die Auflagen im aktuellen Hilfsprogramm verstoßen oder die Finanzsituation des Landes negativ beeinträchtigen, hieß es unbestätigten Angaben aus Brüssel zufolge.

Dabei hatte es in dem Schreiben von Varoufakis zunächst so ausgesehen, als würde die Regierung von Syriza-Premierminister Alexis Tsipras in der Substanz auf alle Forderungen eingehen, die die Eurominister stellten. Eine Klärung kann es wohl nur beim Ministertreffen geben.

Am Donnerstagabend kam es dann zu einem Telefonat zwischen Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel und dem griechische Ministerpräsidenten Alexis Tsipras. Der Anruf habe 50 Minuten gedauert und in einer positiven Atmosphäre stattgefunden, sagte ein Insider der Nachrichtenagentur Reuters.

"Trojanisches Pferd"

Allerdings habe sich Tsipras über eine harte deutsche Position in der Eurogruppe beschwert. So soll der Berliner Vertreter in einem Vorbereitungstreffen den Antragsbrief aus Athen am Donnerstag als "trojanisches Pferd" bezeichnet haben, sagte der Regierungsmitarbeiter. Das Schreiben solle verbergen, dass Griechenland eigentlich nur eine Brückenfinanzierung wolle, ohne die Auflagen weiter zu erfüllen. Tsipras äußerte nach Angaben des Regierungsmitarbeiters in dem Gespräch mit Merkel Kritik an dieser Wortwahl. Diese "helfe in keiner Weise bei den echten Diskussionen".

Märkte und EZB nervös

Im Vorfeld einer Entscheidung war die Nervosität auf den Märkten und bei den Banken groß. Aus Griechenland wurde gemeldet, dass Sparer weiterhin in großem Umfang Geld von den Banken abheben. Nach der Anhebung der Obergrenzen für Notkredite (ELA) zur Sicherstellung der Liquidität griechischer Banken am Mittwoch hat die Europäische Zentralbank (EZB) dementiert, wonach im Rat über die Einführung von Kapitalverkehrskontrollen nachgedacht worden sei, wie die "FAZ" berichtet hatte. (Thomas Mayer aus Brüssel, DER STANDARD, 20.2.2015)