Wien - Österreich bräuchte 20 Einrichtungen für Opfer sexueller Gewalt, tatsächlich vorhanden sind aber landesweit nur sechs. Vorgesehen ist pro 200.000 Einwohner ein Center, erklärte Maria Rösslhumer, Geschäftsführerin des Vereins Autonome Österreichische Frauenhäuser. Auch an Frauenhausplätzen fehlen europaweit 54.900, das geht aus dem aktuellen WAVE Report hervor.

Der WAVE Report 2014 basiert auf Daten aus 46 europäischen Ländern, inklusive der 28 EU-Mitgliedsstaaten. In 31 dieser Länder (67 Prozent) gibt es eine Hotline für Opfer von Gewalt. 27 davon sind kostenlos, 19 rund um die Uhr erreichbar. In Österreich ist die Help-Line sowohl 24 Stunden als auch kostenlos verfügbar.

Großteil der Plätze in EU-Ländern

In ganz Europa bräuchte es 82.892 Betreuungsplätze für Opfer von Gewalt. Laut dem Bericht gab es zuletzt aber nur 1.748 Frauenhäuser mit 28.473 Plätzen für Frauen und ihre Kinder in ganz Europa. Knapp 54.900 Plätze fehlen demnach. Unterschiede beim verfügbaren Angebot zeigen sich nicht nur zwischen EU- und Nicht-EU-Staaten, sondern auch zwischen "alten" und "neuen" Mitgliedsländern. 84 Prozent der vorhandenen Plätze finden sich in EU-Ländern, und während in den "alten" EU-Staaten 44 Prozent der empfohlenen Plätze fehlen, sind es in den "neuen" Mitgliedsländern 87 Prozent.

Die Istanbul-Konvention empfiehlt die Einrichtung eines Betreuungsplatzes pro 10.000 Einwohnern. Österreichweit gibt es 30 Frauenhäuser mit 759 Plätzen. Basierend auf der Empfehlung sollten es 837 sein. Zum Vergleich: Deutschland zählt 353 Frauenhäuser mit rund 6.800 Plätzen. Dies sind um rund 1.260 zu wenig. Nur Luxemburg, Slowenien und Norwegen entsprechen der Konventionsempfehlung.

Unterfinanziert, tabu

Empfohlen werden weiters spezielle Einrichtungen für Opfer von sexueller Gewalt, pro 200.000 Einwohner sollte es eine derartige Einrichtung geben. Österreich bräuchte laut Rösslhumer 20 Center für Opfer sexueller Gewalt, tatsächlich sind es nur sechs - zwei in Wien und je eines in Tirol, Oberösterreich, der Steiermark und Salzburg. "Es scheitert an der Finanzierung und daran, dass das Thema noch viel zu sehr tabuisiert ist", so Rösslhumer im Gespräch mit der APA. Frauen, die sexuelle Gewalt erleben mussten, würden sich nirgends hinzugehen trauen: "Die Dunkelziffer ist noch viel höher als bei körperlicher und psychischer Gewalt." Als Vorbild nannte sie hier Großbritannien, das über ein flächendeckendes Netz an "Rape Crisis Center" verfüge.

Zwar gebe es viele Anzeigen, aber kaum Verurteilungen aufgrund sexueller Gewalt oder Vergewaltigung in der Ehe. Der Paragraf 107b des Strafgesetzbuchs, fortgesetzte Gewaltausübung, werde zu selten angewendet: 630 Anzeigen stünden 52 Verurteilungen gegenüber. "Die Beweislage ist schwierig, es steht Aussage gegen Aussage. Oft gibt es keine Dokumentation von Verletzungen", so Rösslhumer. Oft werde Frauen auch die Frage gestellt, "ob sie sich ausreichend gewehrt haben".

Der Verein Autonome Frauenhäuser organisiert direkt am Frauentag im Rahmen der Kampagne "Gewaltfrei Leben - Du & ich" einen "interaktiven Themennachmittag" zur Gewaltprävention für Kinder und Jugendliche in der Wiener Urania. Am 12. März ist der Verein auch bei der Solidaritätsveranstaltung im Parlament für Frauen in Krisengebieten vertreten. (APA, 26.2.2015)