Nach einem inhaltsleeren Wahlkampf wählen am Sonntag 132 Kärntner Gemeinden. Auch Klagenfurt. Dank Proporzes wird hier nicht nur der Lindwurm bleiben, sondern auch viele Akteure im Stadtsenat.

Foto: Robert Newald

Klagenfurt – Wer den Gemeinderatswahlkampf in Kärnten beobachtete, musste sich ab und zu wundern: etwa über Klagenfurt. Auch wenn es mit nicht einmal 100.000 Einwohnern zu den kleineren Landeshauptstädten Österreichs gehört, hätte man doch geglaubt, dass den hier 13 zur Wahl antretenden Kandidaten andere Themen unter den Nägeln brennen könnten als ein Hallenbad oder ein Kino. Hat man am Wörthersee keine anderen Sorgen? Vermutlich schon.

Von Weihnacht bis Fasching

Auch die in Villach lehrende Politologin Kathrin Stainer-Hämmerle beurteilt den Wahlkampf wenige Tage vor der Wahl am Sonntag als "recht verhalten und inhaltsleer", was auch mit der Jahreszeit, "dem Übergang von der Weihnachtszeit in den Fasching", zu tun haben könnte, wo das Land anderweitig beschäftigt ist. Aber es gibt auch tiefer liegende politische Gründe für die Zurückhaltung: "Die, die bereits im Stadtsenat waren, sind vorsichtig mit Forderungen und Kritik, weil ja alle bei allem eingebunden waren", erklärt die Politikwissenschaftlerin. Es gebe eine große Verdrossenheit mit dem Proporzsystem.

Einzig ÖVP-Kandidat Otto Umlauft "hätte als Quereinsteiger die Chance gehabt, seine Inhalte zu platzieren. Dieses Zeitfenster hat er nicht genutzt." Der Unternehmer ist als Star des Klagenfurter Faschings bekannt, wo man sich mit "Bla Bla" grüßt.

Auch intern waren die Parteien großteils mit sich selbst beschäftigt. Bei den Grünen ging Frank Frey aus einer Kampfabstimmung gegen Andrea Wulz als Sieger hervor. Nur die SPÖ-Kandidatin Maria-Luise Mathiaschitz hat ihre Partei relativ geschlossen hinter sich. Sie gilt auch als Favoritin dieser Wahl. Das heißt: Klagenfurt könnte am Sonntag rot werden.

Singend von Orange zu Blau

Mathiaschitz fordert den amtierenden FPÖ-Bürgermeister Christian Scheider heraus. Ihm ist die Unterhaltungsbranche ebenso wenig fremd wie dem ÖVP-Kandidaten, wurde er doch einst mit einer CD und dem Lied "O du mein Klagenfurt" als singender Stadtrat bekannt. Der einstige Tennislehrer Jörg Haiders wurde als BZÖ-Mann zum Bürgermeister und überraschte in seiner Amtszeit mit der Verlegung von Stolpersteinen und der Ausstellung "Die Gerechten" mit einer klaren Haltung in Sachen NS-Gedenkkultur. "Der ist der FPÖ passiert", kommentiert Stainer-Hämmerle.

Die Listen Bürgerallianz und Team Klagenfurt kommen personell ebenfalls aus dem orange-blauen Pool. Ihnen und den Neos geben Politbeobachter nur wenige Chancen.

Klagenfurter und Villacher sind nicht nur beim Eishockey und im Fasching, wo Letztere mit "Lei Lei" grüßen, Antagonisten: Während in Klagenfurt Politikverdrossenheit herrscht, war der Villacher SPÖ-Bürgermeister Helmut Manzenreiter, der sich in den Politruhestand zurückzieht, so beliebt, "dass er seinen Bürgermeisterbonus sogar auf seinen Kronprinzen übertragen konnte", sagt Stainer-Hämmerle. Sein Nachfolger, der 41-jährige Günther Albel, zielt gar auf die Absolute ab. "Die haben in Villach mit dem Verkauf der Kelag-Anteile schönes Geld verdient, da hat man sich was leisten können, was die Zufriedenheit der Menschen auch erhöht", kommentiert die Politologin.

HCB wirkungslos

Doch wie schaut es in den anderen 130 Gemeinden aus? Wird der HCB-Umweltskandal Auswirkungen im Wahlergebnis zeigen? "Eher nicht", glaubt Stainer-Hämmerle, "die Bürgermeister waren da ja die Opfer. Und in der Landesregierung war mehr oder weniger jede Partei involviert."

Ganze 514 Listen treten in den 132 Kärntner Gemeinden an. "Wenn Sie am Sonntag ein Landesergebnis der Parteien wollen, das ist nicht möglich", sagt der Leiter der Wahlbehörde, Gerhard Jessernigg, zum STANDARD, das seien in Wahrheit 132 Einzelwahlen. "Und wenn ein schwarzer Bürgermeister mit einer Liste antritt, wo gar nirgends mehr ÖVP oben steht, wie soll man das zuordnen?"

Auch der Umstand, dass 2009 noch das BZÖ in ganz Kärnten antrat und die FPÖ nur in 40 Gemeinden, macht das Ergebnis mit 2015 "schwer vergleichbar". Jetzt sind viele der damaligen Orangen eben wieder Blaue. "Schwindlig könnte es einem da werden", sagt Jessernigg, "man weiß ja nicht einmal, ob man im Balkendiagramm die Balken orange oder blau einfärben soll".

Enotna für alle und alte NS-Sager

Spannend könnte das Abschneiden der slowenischen Enotna Lista werden, die ihren Themenbereich verbreitert hat. "Die sind nicht mehr nur eine Volksgruppenpartei, sondern eine regionale Partei für alle", so Stainer-Hämmerle.

Aufmerksam werden viele auch nach Gurk blicken, wo der 78-jährige, wegen seiner Aussagen zum NS-Regime umstrittene Bürgermeister Siegfried Kampl wieder für die lokale FPÖ antritt. Und das, obwohl ihn die Landespartei Ende 2014 ausschloss. Er hatte in einem Interview mit der "Kleinen Zeitung" gemeint, er distanziere sich nicht vom Nationalsozialismus, "nur von dem, was sie gemacht haben". (Colette M. Schmidt, DER STANDARD, 28.2.2015)