Mehr Darlehen in der Eurozone nach langer Flaute. In Österreich hingegen ist das Bruttoinlandsprodukt stagniert, im Jahresvergleich sogar zurückgegangen.

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Die Flaute geht bald vorbei, sagen Ökonomen.

Foto: EPA/MONICA DAVEY

Wien - Noch muss man die Anzeichen für eine Erholung mit einer Lupe suchen, aber immerhin gibt es sie wieder: gute Nachrichten aus den Volkswirtschaften in der Eurozone. Neue Zahlen der Europäischen Zentralbank (EZB) legen nahe, dass sich am Kreditmarkt eine Trendwende abzeichnet.

Haushalte und Unternehmen stecken seit Mitte 2012 in einem Prozess der Entschuldung fest. Der Privatsektor zahlt Bankenkredite zurück, anstatt sich neue Darlehen aufzunehmen, und das, obwohl die Leitzinsen in der Eurozone auf einem Rekordtief sind. Das heißt aber auch, dass in Europa weniger in neue Häuser und Fabriken investiert wird - die Konjunktur lahmt.

Zahlen der EZB zeigen, dass sich die Stimmung aufhellt. Im Jänner ist der Kreditbestand des Privatsektors um 0,5 Prozent angestiegen (im Jahresvergleich). Bereits im Dezember gab es ein Plus, damals aber nur minimal. Ansonsten war die Kreditvergabe an Haushalte und Unternehmen in der Eurozone seit August 2012 durchgehend rückläufig gewesen.

Lange Durststrecke

Ein genauerer Blick zeigt, dass vor allem die Darlehen an Privathaushalte wieder anziehen - ihr Bestand hat im Jänner um fast einen Prozentpunkt zugelegt. Die Unternehmensdarlehen ziehen noch nicht wieder an - aber auch hier ist der Rückgang schwächer als in den vergangenen zwei Jahren, und auf Monatsbasis gerechnet gab es zuletzt sogar wieder einen Anstieg.

Und es gibt weitere positive Zeichen. Die aus Sicht der EZB wichtige Kennzahl "M3", die etwas über die Geldversorgung der Wirtschaft aussagt, ist im Jänner so stark gestiegen wie seit April 2009 nicht mehr (plus 4,1 Prozent). "Angesichts dieser Zahlen müsste die Wirtschaft in der Eurozone deutlich stärker wachsen als bisher prognostiziert", sagt Pernille Nielsen, Analystin bei der Danske Bank, im STANDARD-Gespräch. Die Experten des Kopenhagener Instituts haben nachgerechnet: Historische Erfahrungen legen nahe, dass die Wirtschaftsleistung in der Eurozone heuer bei derzeitiger Kreditentwicklung um zwei Prozent wachsen sollte. Die EU-Kommission erwartet dagegen nur ein Wachstum von 1,1 Prozent.

Zwei Prozent Wachstum

Sogar wenn zwei Prozent plus zu optimistisch sein sollten, ist die wirklich große Frage, weshalb die Stimmung sich aktuell aufhellt. Für Nielsen sind die Faktoren klar: Banken sind wieder berei, Kredite zu vergeben. 2014 war das Jahr der Überprüfung der Bankbilanzen durch die EZB. Nachdem diese nun beendet ist, haben die Institute mehr Spielraum. Auch die Kreditnehmer trauen sich wieder mehr. Hier könnten der niedrigere Ölpreis und der schwache Euro, der Exporteuren hilft, die positiven Einflussfaktoren sein. Die Probleme Griechenlands hingegen verschrecken im Rest Europas derzeit niemanden.

So spricht auch der Ökonom Christian Glocker vom Wifo von ermutigenden Zeichen. Tatsächlich hat sich im Februar auch die Laune der Konsumenten deutlich verbessert. Ein von der EU-Kommission berechneter Index ist auf ein 89-Monats-Hoch geklettert.

Die große Frage für Glocker ist, ob sich die positive Entwicklung verfestigt. Seit 2010 hat es immer wieder so ausgesehen, also könnte die Konjunktur endlich anziehen - immer wieder folgte ein Dämpfer. Die vielen Probleme, darunter besonders die hohe Arbeitslosigkeit im Euroraum, sind weiter virulent.

Österreich nimmt derzeit eine Sonderrolle ein. Auf Unternehmerbefragungen basierende Indikatoren zeichnen seit Herbst 2014 ein immer schlechteres Bild der Konjunkturlage. Die Firmen erwarten also miese Zeiten. In Deutschland hingegen steigt die Stimmung. Woher die Divergenz zur Bundesrepublik kommt, können die Wifo-Ökonomen derzeit auch nicht genau sagen. Das Wifo gab Freitag bekannt, dass das heimische Bruttoinlandsprodukt im vierten Quartal 2014 zum zweiten Mal in Folge nicht gestiegen ist. (András Szigetvari, DER STANDARD, 28.2.2015)