Bild nicht mehr verfügbar.

Während US-Unis mit Verboten ungleicher Beziehungen auf Kritik ihres Umgangs mit sexueller Gewalt reagieren, bleiben Paare zwischen Studierenden und Lehrenden in Österreich straffrei.

Foto: APA/MONEY SHARMA

Wien/Boston – Seit Monaten sehen sich renommierte US-amerikanische Unis mit Kritik zu ihrem Umgang mit sexueller Gewalt konfrontiert. Als direkte Konsequenz verschäfte Harvard kürzlich den Ehrenkodex. Sexuelle wie romantische Beziehungen "von ungleichem Status" wie zwischen Lehrenden und Studierenden sind künftig verboten, auch wenn kein Betreuungsverhältnis besteht. Masterstudierende und Doktoranden, die mit Bachelorstudenten zusammenarbeiten, sind ebenfalls betroffen. Andere Unis, etwa Yale, sind bereits nachgezogen.

Wäre dieser Schritt auch in Österreich denkbar? Katharina Beclin vom Institut für Kriminologie und Strafrecht an der Universität Wien vermutet, dass, würden österreichische Unis ähnlich vorgehen, sie damit auf verfassungsrechtliche Schwierigkeiten stießen, die "die Beeinträchtigung des Rechts auf persönliche Freiheit" zur Folge hätten.

Keine Straftat in Österreich

Beziehungen zwischen Lehrenden und Studierenden werden in Österreich auch strafrechtlich nicht verfolgt. "Das Strafrecht würde erst zum Tragen kommen, wenn Missbrauch eines Autoritätsverhältnisses vorläge, dazu müsste die oder der Studierende aber minderjährig sein", sagt Beclin. "Darüber hinaus sind natürlich Fälle von sexueller Belästigung oder sexueller Gewalt strafbar. Das ist ausreichend – da sollte eine klare Trennung zu freiwilligen Beziehungen zwischen nicht beeinträchtigten erwachsenen Menschen im Universitätskontext gemacht werden."

Auch die Uni Wien behandelt das Thema Beziehungen zwischen Lehrenden und Studierenden in ihrem Verhaltenskodex – dem "Code of Conduct". In einer Passage weist dieser auf "Vermeidung von Interessenkonflikten" durch deren "Offenlegung" hin – "z. B. bei Berufungs- und Bewerbungsverfahren, Evaluationen, Vergabe von Lehraufträgen".

Auf die Frage, wie diese Offenlegung in der Praxis gehandhabt werde, heißt es aus dem Rektorat, dass dies "im jeweiligen Kontext" geschehe: Informationen über Naheverhältnisse, ob von privater oder auch von beruflicher Relevanz, sollen "in der jeweiligen konkreten Situation bekanntgegeben werden". Wenn ein Naheverhältnis beispielsweise durch eine gemeinsame Beziehung oder eine gemeinsame Firmengründung besteht, soll dies gemäß dem Code of Conduct "den zuständigen Personen rechtzeitig mitgeteilt werden", empfiehlt das Rektorat.

Die Wahrung der Objektivität hält auch Beclin für den richtigen Zugang: "Wichtig ist, sich bei Beziehungen oder bei einseitiger Verliebtheit für ‚befangen‘ zu erklären und Prüfungen von anderen Lehrenden abnehmen zu lassen." Ein Verbot solcher Beziehungen hält sie aber für "überschießend". Es würde "einerseits eine gravierende Beschränkung der persönlichen Freiheit bedeuten und ist andererseits auch praktisch ungeeignet, um sexuelle Übergriffe zu verhindern." (Nadine Obermüller, DER STANDARD, 5.3.2015)