Die internationalen Modenschauen befinden sich auf der Zielgeraden. In Paris zeigen Modehäuser und Designer ihre Kollektionen für den kommenden Winter. Obwohl sie sich unterschiedlicher Inspirationsquellen bedienen, zeichnet sich eine Linie deutlich ab: Die Modeschaffenden besinnen sich auf ihre eigenen Wurzeln oder beziehen sich auf Eindrücke von ihren Reisen.

Dries Van Noten

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Dries Van Noten. Herbst/Winter 2015/16
Fotos: APA/EPA/ETIENNE LAURENT (2), AP/Francois Mori

"Unplugged Glamour" nennt der Belgier seine Kollektion und spannt damit einen Bogen zwischen Bodenständigkeit und Opulenz. Dries Van Notens Genie liege darin, stapelweise Stoffe und Schmuckelemente miteinander zu kombinieren und dabei trotzdem keine Kostümparty zu veranstalten, beurteilt das Fachmagazin Women’s Wear Daily seine Show. Gold durchwirkter kirschroter Jaquard einerseits, grober khakifarbener Canvas andererseits. Der Designer kombiniert schlichte Hemdblusenkleider und Baggypants mit gemusterten Brokaten.

Zotteliges naturfarbenes Kunstfell bricht die üppige Zierde. Manche Oberteile erinnern an orientalische Wandteppiche, während der Trenchcoat einen Hauch von Klassik verbreitet. Dries Van Noten kreiert einen Mustermix aus Blüten, Wolken und Drachen und kombiniert ihn mit gigantischen Blütenhalsbändern. Der Glamour einer Grande Dame paart sich mit Erdverbundenheit. Schürzenartige Röcke flattern um knielange Shorts. Traditionelle Chinoiserie und paillettenbesetzte Kleider bereichern die Vielfalt dieser Kollektion.


Rick Owens

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Rick Owens. Herbst/Winter 2015/16
Fotos: APA/EPA/IAN LANGSDON

Mit exakt geometrischen Formen und einer Stofffülle, die den ganzen Körper umspielt, setzt Rick Owens ein klares Statement. Er distanziert sich von jener Nacktheit, die bei der Präsentation seiner Herrenkollektion für Furore sorgte und zeigt wieder eine ganz andere Facette seiner Kreativität. Bei der Präsentation seiner Damenkollektion scheint er auf Transzendenz zu setzen. Wie erleuchtet sind die Gesichter seiner Models, die mit goldener und silberner Farbe geschminkt sind.

Eckige Felder und klare Linien aus goldenen Pailletten zeichnen sich auf weich fließenden Wollstoffen ab. Bläuliches Grau, mattes Schwarz und schlichtes Braun ergeben ein ruhiges Gesamtbild. Ergänzend dazu spielt er mit glattem Leder und beschichteten Materialien. Gewundene Drapierungen und voluminöse Rüschen kehren immer wieder. Er habe sich von der Architektur der Maya-Kultur inspirieren lassen. Auslöser dafür wäre laut dem Branchenblatt WWD die Architektur des Hollyhock House von Frank Lloyd Wright gewesen, das in Los Angeles neu eröffnet hat. In ihm spiegelt sich der auf geometrische Formen ausgerichtete Stil der Mayakultur wider.


Anthony Vaccarello

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Anthony Vaccarello. Herbst/Winter 2015/16
Foto: REUTERS/CHARLES PLATIAU

Er ist der "rising star" unter den jungen Designern. Vor vier Jahren hatte Anthony Vaccarello sein Debut - heute macht er nicht nur seine eigenen Linie, sondern auch die kreative Leitung bei der Zweitlinie von Versace, Versus Versace. Scharfkantige Kollektionen machten ihn bekannt. In dieser Kollektion ist das Kernelement die klare Kontur eines Sterns.

Vielleicht spiegelt er mit dem Stern seine Erfolge wider, vielleicht ist er das Überbleibsel seiner letzten Inspirationsreise durch die USA - die deutsche Vogue hat sich dem Instagram-Account des Designers vorgeknöpft und will die Quelle seiner Inspiration erforscht haben: die Sterne seien "uramerikanische Symbole". Braunes Wildleder und Fransen aller Art wecken Assoziationen zu amerikanischen Cowboys. Die Farben beschränkt Donatellas neuer Liebling auf Schwarz, Braun und Rot. Anthony Vaccarellos Obsession für Sterne wird in jedem Modell überdeutlich: Stern-Aufdrucke, Cut-Outs, Nieten und Stickereien in Sternform, Sterne als Applikationen und sternförmige Schnittteile werden nur noch von dem Augen-Make-Up seiner Models getoppt.


Lanvin

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Lanvin. Herbst/Winter 2015/16
Fotos: AP/Jacques Brinon

Alber Elbaz besinnt sich auf seine eigenen Wurzeln als er die neue Kollektion für Lanvin entwickelt hat. Marokkanische Elemente ziehen sich durch seine Modelle. Während das Haus Lanvin seinen 125. Geburtstag feiert, ergründet Alber Elbaz seine eigene Herkunft und lässt sich von seiner Geburtsstadt Casablanca inspirieren. Irgendwo zwischen Nomadentum und Urbanität pendelt sich die Stilsprache ein. Seinen philosophischen Zugang äußert er gegenüber Style.com "Fashion is a human story. An industry that makes things with its hands. High tech stole the glamour of fashion."

Wallende Chiffonkleidern mit Tunnelzügen für grobe Kordeln und mit Posamenten besetzte Mäntel spiegeln seine Definition von Glamour wider. Elemente, die an Uniformen erinnern treffen auf das scheinbar willkürliche Sammelsurium einer Weltenbummlerin. Quasten, Epauletten und Fransen einerseits, Schlangenhaut und Ziegenhaar andererseits. Glänzendes Goldlamé trifft auf grobe deckenartige Wollstoffe – der Designer entwickle seine Kollektion nicht mit dem Anspruch, Perfektion zu erreichen, denn "perfection always scares me", gesteht er.

(Klara Neuber, 06.03.2015, derstandard.at)