Wo sind die schwarzen Schafe? Österreicher, die jahrelang Schwarzgeld in der Schweiz versteckt hatten und selbst ein Amnestieangebot ausschlugen, könnten ungeschoren davonkommen.

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Wien/Bern - Die Verunsicherung bei den vermeintlichen Steuerbetrügern war zuletzt deutlich zu spüren, erzählt Helmut Moritz. Der Wiener Steuerberater hat in den vergangenen Wochen laufend Anfragen von Personen erhalten, die in der Vergangenheit Schwarzgeld in der Schweiz versteckt hielten. Viele der Hinterzieher wollten wissen, wie sie eine Selbstanzeige bei den Finanzbehörden einbringen können, erzählt Moritz.

Die Nervosität hatte einen guten Grund. Das österreichische Finanzministerium hat Ende Dezember einen Versuch gestartet, die Identität zahlreicher Steuerbetrüger mit enger Verbindung zur Schweiz aufzudecken. Die heimischen Behörden haben deshalb eine sogenannte Gruppenanfrage nach Bern geschickt. Solche Anfragen gelten als wichtiges Werkzeug bei der länderübergreifenden Kooperation der Finanzbehörden. Wie DER STANDARD nun erfahren hat, ist das Unterfangen aber gescheitert. Die Schweiz hat die Gruppenanfrage aus Österreich abgelehnt. Das Finanzministerium in Wien bestätigt das.

Hunderte Millionen Euro Verlust drohen

Dem heimischen Fiskus könnten damit hunderte Millionen Euro an Steuereinnahmen entgehen. Das ist besonders in Zeiten, in denen über die Gegenfinanzierung für die geplante Steuerreform verhandelt wird, heikel.

Worum es ging: Im April 2012 unterzeichnete die damalige Finanzministerin Maria Fekter eine Vereinbarung mit ihrer Schweizer Amtskollegin Eveline Widmer-Schlumpf. Der Abkommen sah vor, bisher unversteuertes Vermögen von Österreichern in der Schweiz nachträglich zu erfassen. Die Hinterzieher erhielten die Möglichkeit, mit einer Abschlagszahlung in die Legalität zurückkehren. Alternativ konnten sie sich bei der Finanz melden.

Eine Gruppe von Hinterziehern nahm die Amnestie nicht wahr: Sie schafften ihr Vermögen vor Inkrafttreten der Regeln Anfang 2013 heimlich aus der Schweiz hinaus. Die Finanzpolizei nennt diese Gruppe "Abschleicher". Ihr Vermögen wird von Experten auf bis zu zehn Milliarden Euro geschätzt.

Aufgrund einer behördlichen Meldung aus der Schweiz wusste die heimische Finanz immerhin, dass die meisten Abschleicher ihr Schwarzgeld aus der Schweiz nach Österreich "heimholten". Denn hier schützt das Bankgeheimnis Inländer gut vor dem Zugriff des Staates.

Schwarzgeld heimgeholt

Mit der Gruppenanfrage an die Schweiz sollte die Identität der Abschleicher festgestellt werden. Ein Schweizer Gesetz legt zwar fest, dass solche Anfragen nur rückwirkend bis Februar 2013 erlaubt sind - damals waren die Abschleicher bereits weg. Im Finanzministerium in Wien hoffte man aber, im Einklang mit der Industriestaatenorganisation OECD eine juristische Lücke gefunden zu haben. Denn nach der Interpretation der Regeln durch die OECD sollten die Gruppenabfragen eigentlich bis ins Jahr 2012 möglich sein.

In der Schweiz sah man das letztlich anders. Man werde die Gründe für die Ablehnung prüfen und "mit der Schweiz weitere intensive Verhandlungen führen", heißt es auf Anfrage zur Causa aus dem Finanzministerium in Wien.

Grüne gegen Bankgeheimnis

Den Grünen ist das zu wenig. Der Abgeordnete Bruno Rossmann hat deshalb am Dienstag eine Anfrage an Finanzminister Hans Jörg Schelling eingebracht. Er will unter anderem wissen, wie die Schweiz die Ablehnung begründet und was Schelling nun zu unternehmen gedenkt.

Einzige Möglichkeit, um an das Steuergeld der Abschleicher zu kommen, wäre die Abschaffung des Bankgeheimnisses in Österreich, sagt Rossmann. Denn dann könnte die Finanz sich bei den heimischen Banken direkt erkundigen. Das Bankgeheimnis diene Hinterziehern, "dass es die Oma schützt, ist ein reines Märchen", so Rossmann. Bisher hält die Koalition am Bankgeheimnis für Inländer fest. Jenes für Ausländer soll 2017 fallen (András Szigetvari, DER STANDARD, 11.3.2015)