"Wir der vorgenant Herzog Ruodolf sterken disen prief mit der underschrift unser selbst hant." Die deutsche Version des Stiftsbriefes der Universität wurde vom Herzog selbst unterschrieben.

Foto: Archiv der Universität Wien

Wien - Als Rudolf IV. im Juli 1365 mit nur 25 Jahren starb, hatte er bereits erreicht, wonach all sein Streben ausgerichtet war: In seiner kurzen Regierungszeit hatte sich der Herzog selbst einen bleibenden Platz in der Geschichte geschaffen.

In Konkurrenz zu seinem eigenen Schwiegervater, Kaiser Karl IV., welcher Prag zu einem kulturellen Zentrum ausbauen ließ, errichtete Rudolf in Wien ein Gegengewicht. Sein politischer Eifer war in der Zurücksetzung seiner Familie in der Goldenen Bulle wenige Jahre zuvor begründet: Bei der Regelung der deutschen Kurfürsten waren die Habsburger übergangen worden.

Rudolfs wahrscheinlich nachhaltigste Gründung, die Universität Wien, feierte am Donnerstag ihren 650. Geburtstag. Zu diesem Jubiläum zeigt die Österreichische Nationalbibliothek im Rahmen der Ausstellung "Wien1365 - eine Universität entsteht" Objekte und Dokumente aus den Anfangstagen der Alma Mater Rudolphina.

Das älteste Halbprofil und ...

Dazu gehört natürlich der monumentale, einen Quadratmeter große Stiftsbrief, der offensichtlich für Repräsentationszwecke angefertigt wurde und daher niemals gefaltet wurde. Die deutschsprachige, von Rudolf handsignierte Urkunde gehört wie ihre lateinische Kopie seit dem Vorjahr zum Weltdokumentenerbe der Unesco.

Eines der Prunkstücke der Schau ist zweifellos das Porträt Rudolfs, das erste Halbprofil der europäischen Kunstgeschichte. Das Bild zeigt den Herrscher mit einer Krone, die jener des Kaisers nachempfunden war. Die Inschrift auf dem Rahmen bezeichnet den Habsburger als "Archidux Austrie", also Erzherzog Österreichs. Diesen von Rudolf selbst erfundenen Titel hatte er sich mit der Fälschung des Privilegium Maius selbst verliehen: Wenn er schon nicht Kurfürst sein durfte, so wollte er sich entsprechenden Ersatz verschaffen.

Die Bildtafel ist zum letzten Mal außerhalb des Wiener Dommuseums zu sehen, für den Transport wurde eigens eine klimatisierte Vitrine entwickelt. Nach seiner Rückkehr muss das fragile Kunstwerk auf Geheiß des Bundesdenkmalamts an seinem Aufbewahrungsort bleiben. Bis dahin wird es unter einer Replik des Grabtuchs Rudolfs, eines golddurchwirkten persischen Stoffes, präsentiert.

Rudolf starb nur wenige Monate nach der Gründung seiner Universität. Erst sein Nachfolger Albrecht III. konnte die Pläne umsetzen. Er erreichte schließlich 1384 auch, was seinem Bruder noch verwehrt worden war: die päpstliche Genehmigung, eine theologische Fakultät einzurichten. Damit wurde nach damaliger Sicht die Universität erst vollwertig.

Wichtigste Institution der jungen Universität war jedoch die Artistenfakultät. An dieser wurden die sieben freien Künste unterrichtet: Grammatik, Rhetorik, Dialektik, Arithmetik, Geometrie, Musik und Astronomie. Diese bildeten die Voraussetzung für ein Studium an einer der drei anderen Fakultäten: Medizin, Jus und Theologie. Am eindrucksvollsten unterstreicht das Zepter der Artisten die Bedeutung dieser Fakultät. Die Zeremonialinsignie aus vergoldetem Silber trägt an ihrer Spitze eine Statuette der Schutzpatronin Katharina von Alexandrien. Katharina trägt ihre Haare zu einem Zopf geflochten - ein Hinweis auf den Herzog. Dieser hatte mit dem Zopforden den ältesten Ritterorden Österreichs gegründet und wurde "Albrecht mit dem Zopf" genannt. Die Gesellschaft überdauerte jedoch nur kurze Zeit.

An der artistischen Fakultät wurde jedenfalls bereits bald nach der Gründung Spitzenforschung betrieben, wovon ein eigener Ausstellungsbereich Zeugnis ablegt. Handschriften über Astronomie und ein Sonnenquadrant geben Einblick in den Wissensstand der Gelehrten des frühen 14. Jahrhunderts.

... andere Perspektivwechsel

Ergänzt werden die historischen Dokumente der Ausstellung durch moderne Installationen. Am Ende des Prunksaales der Nationalbibliothek prangt ein runder, zweigeteilter Spiegel, der immer neue Blickwinkel auf die Räumlichkeiten ermöglicht und so die für ein wissenschaftliches Studium nötigen Perspektivwechsel darstellen soll.

Die Videoinstallation Stairs von Hubert Lobnig zeigt das rege Leben in den Universitätsgebäuden, welches durch das ständige Auf und Ab von Angehörigen der Hochschule in diversen Treppenhäusern dokumentiert wird. (Michael Vosatka, DER STANDARD, 11.3.2015)