Philipp Ther lehrt in Wien osteuropäische Geschichte.

Foto: Heribert CORN

Mehr als 1000 Literaturpreise werden in Deutschland pro Jahr vergeben. Und der in den Sparten Belletristik, Übersetzung und Sachbuch, bzw. Essayistik vergebene Preis der Leipziger Buchmesse gehört zu den Auszeichnungen, die am meisten Aufmerksamkeit generieren.

Dotiert mit 45.000 Euro gibt der bereits am ersten Messetag vergebene Preis den Gesprächsstoff und dadurch auch so etwas wie die Buchmessen-Dramaturgie vor. Und letztere hätte heuer kaum besser sein können. Vor allem, weil die siebenköpfige Jury (u.a. mit der Wiener Kritikerin Daniela Strigl) bei ihrer Auswahl – 115 Verlage reichten 405 Titel ein – überraschender agiert hatte als erwartet.

Der Mut hat die Juroren dann auch bei der endgültigen Auswahl der Preisträger, die je 15.000 Euro entgegennehmen konnten, nicht verlassen. In der Kategorie Sachbuch wurde der 1967 im Kleinwalsertal geborene Philipp Ther ausge-zeichnet.

Der Professor am Wiener Institut für Osteuropäische Geschichte rekapituliert, so die Jury, in seinem Band Die neue Ordnung auf dem alten Kontinent – die Geschichte des neoliberalen Europa (Suhrkamp) nicht nur die sozialen und politischen Auswirkungen von Deregulierung und Privatisierung ab 1989. Sondern er schildert auch persönliche Erfahrungen von seinen zahlreichen Reisen nach Mittel- und Osteuropa. Ther will, wie er in einer kurzen Dankesrede sagte, einen Teil des Preisgeldes Lemberger Kollegen überweisen, die ostukrainische Kollegen aufgenommen haben.

Zeitgenossenschaft und ein offener Blick zeichnen auch die Autorin und Übersetzerin Mirjam Pressler aus, die in Anwesenheit von Amos Oz, dessen Roman Judas (Suhrkamp) sie ins Deutsche übertrug, den Übersetzer-Preis entgegennahm. Der Belletristik-Preis – auch das eine Entscheidung mit Signalwirkung – ging zum ersten Mal an einen Lyriker, nämlich an Jan Wagner mit seinen Regentonnenvariationen (Hanser Berlin). (Stefan Gmünder, DER STANDARD, 12.3.2015)