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So entspannt, wie die Politiker (Tsipras, Juncker) aussehen, ist ihr Verhältnis keineswegs.

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Immer schon relativ wohlwollend standen sich hingegen die zwei (Tsipras mit Parlamentspräsident Martin Schulz) gegenüber.

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Brüssel/Athen – Zwischen Deutschland und Griechenland ist bekanntlich wenig eitel Wonne. Im Streit um die Reparationsforderungen erreichte die Stimmung offensichtlich einen erneuten Tiefpunkt. Die griechische Regierung soll sich über angeblich beleidigende Äußerungen des deutschen Finanzministers Wolfgang Schäuble über seinen griechischen Kollegen Yiannis Varoufakis offiziell im Auswärtigen Amt in Berlin beschwert haben. Schäuble wies das als "Unsinn" zurück. Zudem hatte Varoufakis in einem TV-Interview erzählt: "Herr Schäuble hat mit gesagt, dass ich das Vertrauen der deutschen Regierung verloren habe. Ich habe ihm gesagt, dass ich es niemals genossen habe."

Am Freitag stand für den griechischen Regierungschef Alexis Tsipras nun ein Termin an, der ebenfalls nicht sehr erbaulich gewesen sein dürfte, auch wenn Beobachter eine positive Stimmung orteten. Er traf sich mit führenden europäischen Politikern in Brüssel, darunter Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Auch Parlamentspräsident Martin Schulz galt der Besuch. Es ging wieder einmal ums Geld, wirbt Tsipras doch darum, dass noch ausstehende Hilfsgelder möglichst schnell ausgezahlt werden. Und es geht darum, wie Griechenland europäische Fördergelder zur Bekämpfung der sozialen Folgen der Schuldenkrise nutzen kann. Ein erstes Ergebnis: Um Griechenland eine bessere Nutzung von EU-Fonds gegen Arbeitslosigkeit zu ermöglichen, haben beide Seiten Ansprechpartner nominiert.

Europäisches Problem

An der Wortwahl im Großen und Ganzen hat sich nicht viel geändert: "Griechenland hat bereits damit begonnen, seinen Verpflichtungen vom 20. Februar nachzukommen", sagte Tsipras mit Blick auf die Vereinbarungen in der Eurogruppe. "Ich bin sehr optimistisch (...), dass wir eine Lösung finden, denn das ist in unser aller Interesse." Das Problem sieht Tsipras allerdings nicht im eigenen Land: "Ich glaube, es gibt kein griechisches Problem, es gibt ein europäisches Problem, und da wir Proeuropäer sind und zusammen in eine gemeinsame Zukunft gehen wollen, denke ich, dass wir am Ende des Tages all diese Missverständnisse lösen werden", sagte Tsipras nach einer Begegnung mit Parlamentspräsident Schulz. Einmal mehr betonte auch Juncker, dass er ein völliges Scheitern der Verhandlungen nicht wolle und "völlig" ausschließe.

Juncker verwies auf die zweite Gesprächsrunde mit Tsipras. "Ich will helfen, aber die Kommission ist nicht der Hauptspieler. Das ist die Eurogruppe, wo alle Entscheidungen getroffen werden." Er sei jedenfalls "mit der Entwicklung in den jüngsten Wochen nicht zufrieden". Mit "meinem Freund Tsipras" habe er zahlreiche Vorschläge verhandelt. "Das ist nicht die Zeit für Hohn und Spott, sondern wir müssen zueinanderfinden."

Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem richtet hingegen via niederländischem Fernsehen eine Mahnung aus. Es gelte den Ton gegenüber Deutschland zu mäßigen. "Es gibt viel verbale Gewalt, und das führt zu nichts." Griechenland suche zu sehr die Schuld für seine Probleme außerhalb des eigenen Landes. "Jetzt scheint Deutschland das Lieblingsopfer davon zu sein", sagte Dijsselbloem. Deutschland habe Griechenland sehr geholfen. Das Land sollte auf angemessene Weise mit seinen Partnern und Verbündeten zusammenarbeiten.

Schwierige Verhandlungen um Geld

Es steht weiterhin Spitz auf Knopf: Die Euroländer hatten das Hilfsprogramm für Griechenland Ende Februar um nochmals vier Monate verlängert. Athen muss nun bis Ende April ein belastbares Reformprogramm vorlegen, um weitere finanzielle Unterstützung zu erhalten. Die Verhandlungen dazu gestalten sich bisher schwierig.

Angesichts des dringenden Finanzbedarfs will die Regierung nun die Sozialversicherungssysteme und andere staatliche Institutionen per Gesetz dazu bringen, ihr verfügbares Guthaben vorübergehend der griechischen Zentralbank und damit dem Staat zu überlassen. Laut Finanzministerium soll die Gesetzesinitiative einen Rahmen für die Verwendung des Kapitals staatlicher Einrichtungen und der Sozialversicherungen schaffen. Im Gegenzug sollen sie eine Staatsgarantie über ihre zur Verfügung gestellten Gelder "im Fall eines Kapitalverlusts" erhalten.

Kreative Geldsuche

Die Regierung will so insbesondere die Sozialversicherungen dazu bringen, ihre Guthaben nicht bei kommerziellen Finanzinstituten, sondern bei der Zentralbank zu deponieren. Sie sollen ihr das Geld für einen bestimmten Zeitraum überlassen und dafür die Garantie erhalten, die Einlagen zu einem im Voraus verabredeten Zeitpunkt und Preis zurückzubekommen. Ein solcher Transfer an die Zentralbank solle aber nicht zur Pflicht werden, heißt es in Athen.

Ob Griechenland sich aus dem Sumpf ziehen kann, ist offen. Neben vielen anderen orten trotz der Beteuerungen in Brüssel mittlerweile auch Finanzminister Hans Jörg Schelling und sein deutscher Schäuble die Gefahr eines "Grexidents", also des versehentlichen Hinausstolperns Griechenlands aus der Eurozone, wie beide am Donnerstag in Wien kundtaten. Eine Vertrauenskrise zwischen den Europartnern gegenüber Griechenland baue sich auf, so Schelling. "Ein Unfall wäre schlimmer als alles, was wir regeln können." Schäuble legte im ORF nach: "Da ja die Verantwortung, die Möglichkeit zu entscheiden, was passiert, nur bei Griechenland liegt, und da wir nicht so genau wissen, was die Verantwortlichen in Griechenland tun, können wir es nicht ausschließen." (APA, Reuters, rebu, 13.3.2015)