Vorfahrt für Dienstautos: Der Steuersatz für große Karossen mit höherem Schadstoffausstoß wird erhöht.

Foto: Christian Fischer

Die Zahl klingt verführerisch: 1,6 Milliarden Euro lasse der Fiskus pro Jahr liegen, indem er die Benützung von Dienstautos nicht voll besteuert. Ob tatsächlich so viel Geld zu holen wäre, wie Betreiber von öffentlichen Verkehrsmitteln unter Hinweis auf ihre benachteiligte Wettbewerbsposition gern vorrechnen, ist nicht überliefert. Denn die Republik Österreich leistet sich den Luxus, auf die statistische Erhebung valider Daten zu verzichten. Ergo weiß das zuständige Finanzministerium auch nicht, wie viele unselbstständig Erwerbstätige hierzulande überhaupt mit Dienstautos unterwegs sind - und wie viel an Steuereinnahmen ihm entgehen. Faktum ist, dass die Kosten für die Benützung von arbeitgebereigenen Kraftfahrzeugen mit 720 Euro pro Person und Monat gedeckelt sind.

So emotional die Debatte seit Jahren geführt wird und so lukrativ die Berechnungen über sagenhafte Begünstigungen für Dienstwagenfahrer (ohne Chauffeur) klingen: Experten der Steuerreformkommission nennen sie unzuverlässig oder falsch, weil auch Fahrzeugflotten von Körperschaften wie der Polizei eingerechnet seien. Exekutivbeamte bekommen für die Benützung des Polizeiautos aber natürlich keinen Sachbezug, daher fällt auch keine Lohnsteuer an.

Dienstautoprivileg

Schätzungen auf Basis vergangener Lohnsteuerprüfungen ergaben, dass rund 150.000 Dienstnehmer in Österreich vom sogenannten Dienstautoprivileg profitieren. Dabei wird die Pkw-Nutzung als einkommensteuerpflichtiger Sachbezug behandelt, für den 1,5 Prozent der Anschaffungskosten als Steuer abzuführen sind. In Summe wird das aus diesem Titel generierte Steueraufkommen auf 250 Millionen Euro taxiert. Wie viel Geld der Staat auf der Straße "liegen" lässt, sei seriös schlicht nicht bezifferbar, sagt der Steuerexperte der Arbeiterkammer, Otto Fahrny.

2016 soll die Sache "gerechter" werden. Die Sachbezugbesteuerung wird im Zuge der Steuerreform auf zwei Prozent erhöht, sofern der CO2-Ausstoß des Dienstautos 120 Gramm pro Kilometer übersteigt. Kleinere Audi- und BMW-Modelle bleiben damit ebenso außen vor wie VW Golf, Opel Astra oder Skoda Oktavia. Die Maßnahme soll 50 Millionen Euro Mehreinnahmen bringen.

Ungleichgewicht

Die restlichen, teils massiven Ungleichgewichte im Verkehrswesen bleiben hingegen unangetastet. Etwa der Verkehrsabsetzbetrag in Höhe von 291 Euro pro Jahr. Er wird 2,8 Millionen Arbeitnehmern gewährt - unabhängig von Einkommen, Status und Verkehrsmittel. Wer zwischen 20 und 40 Kilometer zur Arbeit fährt, bekommt pro Jahr 696 Euro gutgeschrieben, zwischen 40 und 60 km sind es 1356 Euro und ab 60 km pauschal 2016 Euro - selbst dann, wenn die Benützung von Bus und Bahn zumutbar ist. Aufkommen (geschätzt): 500 Millionen Euro.

Darüber hinaus wird den 1,2 Millionen Pendlerpauschalisten einmalig ein "Pendlereuro" gewährt. Er beträgt 2,0 Euro/km der einfachen Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, schlägt mit 60 Millionen Euro zu Buche und soll den Kostendruck für Pendler lindern - trotz massiv gesunkener Spritpreise. Die Bundesländer doppeln das undifferenzierte, auf Ökologie (Stau, Umwelt- und Gesundheitskosten) in keiner Weise reflektierende System noch auf, indem sie "ihren" Pendlern ebenfalls ein paar Hunderter gewähren.

Geförderter Speckgürtel

Über die Wechselwirkung all dieser Förderungen hinsichtlich Ausweitung der "Speckgürtel" rund um die Ballungsräume, darf trefflich spekuliert werden. Faktum ist, dass das öffentliche Verkehrsangebot dem Zuzug an Bevölkerung stets hinterherhinken wird, solang der Staat den Individualverkehr stärker begünstigt.

Wiewohl das Grundangebot an öffentlichem Verkehr gemeinwirtschaftlich finanziert ist und Öffi-Ticketpreise gestützt sind - auch Öffi-Benutzer können individuell gefördert werden. Wer etwa zu wenig verdient (und keine Pendlerpauschale absetzen kann) bekommt einen Zuschlag zur Negativsteuer (maximal 400 Euro pro Jahr). Schlechtes Zahlenmaterial zeichnet aber auch Bereich aus: Die Ausgaben von Bund, Ländern und Gemeinden für Bus, Bahn und Bim werden im Budget nicht vollumfänglich ausgewiesen. (Luise Ungerboeck, DER STANDARD, 14.3.2015)