Der Umgang zwischen Regierungschefs und Spitzen der EU nimmt zuweilen ungewöhnliche Formen an. Trotz unterschiedlicher Weltanschauungen können sich "Krisenabschnittspartnerschaften" ergeben, die man nicht für möglich hielte. Alexis Tsipras und Jean-Claude Juncker sind das jüngste Beispiel. Fast ein Paradepärchen.

Der Kommissionspräsident, ein Christdemokrat, nennt den griechischen Premier "meinen Freund". Der radikale Linke bat um Hilfe. Seine Syriza-Partei (mit nicht wenigen Altstalinisten) will in der EU einen neuen Sozialismus durchsetzen. Damit können Junckers Parteifreunde null anfangen. Syriza-Abgeordnete bemühen sich in der Linksfraktion des EU-Parlaments seit langem darum, den "neoliberalen Paten der Steuerhinterzieher" zu Fall zu bringen.

Man kann also davon ausgehen, dass das Zusammenrücken der beiden wenig mit Sympathie zu tun hat. Dennoch ist es vorbildhaft. Europa kann nur bestehen, wenn es größte innere Spannungen aushält, durchsteht, im Kompromiss überwindet. Ein Zusammenbruch in Griechenland wäre außen- und sicherheitspolitisch ein enormes Risiko - für die EU wie für die Nato. Daher müssen die Euroländer noch einige Extrarunden für Athen drehen, auch wenn ständige Drohungen und Beschimpfungen aus der griechischen Regierung, vor allem gegen Deutschland, langsam unerträglich sind. Vielleicht wird Tsipras ja durch Juncker vernünftiger: Die Deutschen sind Freunde, nicht Feinde. (Thomas Mayer, DER STANDARD, 14.3.2015)