Liest man Wortmeldungen von heimischen Touristikern, könnte man meinen, die Welt geht unter. Die geplante Mehrwertsteuererhöhung auf Hotelübernachtungen von zehn auf 13 Prozent verschlechtere die Wettbewerbsfähigkeit der Branche massiv, beklagte die Präsidentin der Hoteliersvereinigung am Dienstag. Vor dem Kanzleramt werden Plakate in die Höhe gehalten, auf denen der Wirtschaftsminister als "Totengräber" bezeichnet wird.

Aber auch andere Gruppen, die mit der höheren Mehrwertsteuer konfrontiert sind, greifen zu absurden Kampfslogans. Der Wiener Tierschutzverein sieht wegen geringfügig höherer Preise auf Tierfutter eine Gefahr für "Mensch und Tier". Bundestheater-Chef Günter Rhomberg ortet gar eine "verschärfte Situation" bei den Finanzen seiner Häuser. Ganz so, als ob die Mehrwertsteuer nicht 1:1 an die (in aller Regel gut situierten) Theaterbesucher weitergegeben werden könnte. Und ganz so, als ob die Bundestheater nicht mit ganz anderen Bilanzproblemen zu kämpfen hätten.

Der Regierung kann man bei der Steuerreform einiges vorwerfen: dass die erhoffen 1,9 Milliarden bei der Betrugsbekämpfung schwer einbringbar sein werden. Dass die erhoffte Milliarde bei Verwaltungseinsparungen ungewiss ist. Oder dass die 850 Millionen unter dem Titel "Selbstfinanzierung" äußerst optimistisch gerechnet sind.

Für die höhere Mehrwertsteuer hat Rot-Schwarz aber keine Prügel verdient. Die Belastung durch marginal höhere Preise bei Hundefutter, Schnittblumen, Ab-Hof-Wein oder Theaterkarten steht in keiner Relation zur Entlastung durch die sinkenden Steuertarife. Bei den Hotels zahlen den Großteil der Mehrbelastung ohnehin ausländische Gäste. Die Aufregung über die Mehrwertsteuer ist lächerlich. (Günther Oswald, derStandard.at, 17.3.2015)