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Landau: "Wir wollen eine Garantie abgeben, dass jedes Kind nach der Schule Lesen, Rechnen und Schreiben kann."

"Nach meinem Verständnis geht es bei Politik um ein Ändern der Vorrangregeln."

Foto: Grüne Wien

STANDARD: Haben Sie sich schon an den Wechsel vom Bildungsaktivisten zum Politiker gewöhnt?

Landau: Ich bin ein politischer Mensch, insofern entspricht mir das politische Handeln gut. Ich habe das ganze letzte Jahr Zeit gehabt, eine wohlüberlegte Entscheidung zu treffen.

STANDARD: Bildung wird auch Ihr Schwerpunkt bei den Grünen bleiben. Hier kann man auf Bundesebene deutlich mehr erreichen. Warum kandidieren Sie auf kommunaler Ebene?

Landau: Ich bin Wiener, mit Herz und Seele. Es gibt außerdem viele Bildungsbereiche, die auf kommunaler Ebene entschieden werden. Gutes, erfolgreiches Handeln kann auf den Bund ausstrahlen. Mein Ziel ist es, Druck auf die Bundesebene auszuüben.

STANDARD: Die Grünen sind bisher mit der Forderung nach einer einer Kinderbetreuungsgarantie ab dem zweiten Lebensjahr aufgefallen.

Landau: Kinder sollen ein Recht auf einen Kindergarten- und einen Ganztagsschulplatz haben, unabhängig davon, ob die Eltern arbeiten gehen. Wir wollen eine Garantie abgeben, dass jedes Kind nach der Schule Lesen, Rechnen und Schreiben kann. Jetzt delegiert die Schule viel an die Eltern, da hat sie ihr Ziel verfehlt. Schule muss auch exklusiv genau dort stattfinden können. Sonst wird der Erfolg der Kinder immer vom sozialen Status abhängen.

STANDARD: Welche weiteren Maßnahmen wollen Sie setzen?

Landau: Nach meinem Verständnis geht es bei Politik um ein Ändern der Vorrangregeln. Politiker geben Geld für einen Kilometer Autobahn aus. Die Alternative wäre, an jeder Schule einen Schulsozialarbeiter zu haben. Das ist eine Frage der Priorität. Der Kilometer ist mit 20 Millionen Euro relativ günstig angesetzt. Entweder ich baue eine Straße; oder ich schaue drauf, dass in jeder Schule in Wien - das sind im Pflichtschulbereich knapp 400 - professionelle Hilfe zur Stelle ist. Wir haben Kinder, die Bedarf an zusätzlicher Unterstützung haben. Und wir haben Pädagoginnen und Pädagogen, die im derzeitigen Setting nicht erfolgreich unterrichten können.

STANDARD: Kritik der Grünen gibt es immer wieder am Stadtschulrat. Was läuft falsch?

Landau: Von den Pädagogen wird der Stadtschulrat oft als überreguliert wahrgenommen, als Einrichtung, die eher verhindert als ermöglicht. Autonomie heißt in meinen Augen, Mittel und Möglichkeiten freizugeben und sie nicht in einem besonderen Kontrollzwang im Stadtschulrat verwalten zu müssen. Der Stadtschulrat ist manchmal fast angsteinflößend.

STANDARD: Sie fordern Grätzelschulen. Was verstehen Sie darunter?

Landau: Wir brauchen Schulen, die sich nach außen öffnen: wo Kinder zum Beispiel einmal in der Woche soziale Verantwortung übernehmen. Sie könne in einer Bibliothek, in einem Altersheim helfen. Das macht etwas mit Kindern, wenn sie mit Verantwortung betraut werden. Sie erleben es, gebraucht zu werden. Am Land ist der ganze Ort in die Schule involviert und es gibt Nachbarschaftshilfe. Das erhoffe ich mir von der Grätzelschule.

STANDARD: Wie bewertet Ihr Bruder, Caritas-Präsident Michael Landau, Ihr politisches Engagement?

Landau: Uns beiden sind Mitmenschen besonders wichtig. Wir lernten schon zu Hause, bei Unrecht nie einfach wegzusehen. Ich meine, dass ich mich genau dafür einsetzen will, freut ihn. (Rosa Winkler-Hermaden, DER STANDARD, 19.3.2015)