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Das Holz-Hochhaus "HoHo" mit 20.000 m² Nutzfläche soll ab nächstem Jahr in der Seestadt in Angriff genommen werden.

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Im Herbst 2014 sind die ersten Bewohner eingezogen. Aktuell leben bereits rund 1000 Menschen in der Seestadt Aspern im Nordosten Wiens. Im Laufe des kommenden Jahres, so der Plan, soll die Zahl auf 6000 ansteigen. Hinzu kommen 260 Wohneinheiten für Studenten sowie diverse Baugruppen, die in Eigeninitiative bauen. Bis zu den geplanten 20.000 Einwohnern und den mit Greißlern, Cafés und Leben gefüllten Straßen, die die Renderings unter Sonnenschein und blauem Himmel versprechen, ist es allerdings noch ein weiter Weg.

Erst unlängst machte die für die Seestadt zuständige Wien 3420 Aspern Development AG auf sich aufmerksam, als sie die Pläne für das Hochhaus "HoHo" direkt neben der U2-Endstation vorstellte (der Standard berichtete). Mit 84 Meter Höhe und 24 Etagen soll es das höchste Holz-Hochhaus der Welt werden. Investor Günter Kerbler will dafür 65 Millionen Euro in die Hand nehmen. Die Erste Bank finanziert den Ankauf des Grundstücks. Baubeginn des Towers mit knapp 20.000 m² Nettonutzfläche ist nächstes Jahr, die Fertigstellung ist für 2018 geplant.

"Im Einfamilienhausbau und im mehrgeschoßigen Wohnbau ist Holz bereits gang und gäbe", sagte Caroline Palfy, Projektentwicklerin der Kerbler Gruppe, im Rahmen ihrer Projektpräsentation auf der internationalen Immobilienmesse Mipim in Cannes, die vor zehn Tagen über die Bühne ging. "Wir wollen mit diesem Projekt zeigen, dass sich der Werkstoff auch für höhere Konstruktionen eignet. Vor allem den Brandschutz, gegen den manche Leute die größten Bedenken haben, kriegt man mit Sprinklern, kleineren Brandabschnitten und entsprechend überdimensionierten Bauteilen in den Griff."

Mit Holz hoch hinaus

Die Idee, mit Holz in die Höhe zu bauen, basiert auf dem Forschungsprojekt "8+" von Michael Schluder und Peter Krabbe (schluderarchitektur ZT GmbH), das 2008 präsentiert wurde. Die Studie befasste sich mit den konstruktiven Möglichkeiten von Holz- und Holzverbundsystem im Hochbau und setzte sich zum Ziel, die mentalen (und behördlichen) Grenzen im Umgang mit Holz zu sprengen. Mit Erfolg. Ende 2012 wurde in Dornbirn der achtgeschoßige Holzturm "Life Cycle Tower One" eröffnet. Der geplante Kerbler-Turm nach einem Entwurf des Wiener Architekten Rüdiger Lainer ist nun der zweite, hoch hinausragende Streich mit dem nachwachsenden Rohstoff.

"Im Gegensatz zu vielen anderen Hochhäusern, die in Österreich in den letzten Jahren entstanden, wollen wir im HoHo gemischte Nutzungen ansiedeln", so Palfy. Geplant sind Büros, servicierte Apartments, ein Hotel mit 120 Zimmern und Suiten, ein Restaurant und drei Etagen für Wellness- und Gesundheitseinrichtungen. "Wir haben uns bewusst für jene Funktionen entschieden, die vom Einsatz des Baustoffes Holz auf atmosphärischer Ebene direkt profitieren können."

Gemischte Nutzung ist auch das Motto für den geladenen Ideenwettbewerb auf der Parzelle J4 im Seeparkquartier, erste Reihe fußfrei, der auf der Mipim erstmals öffentlich präsentiert wurde. In Zusammenarbeit mit Architekturzentrum Wien (AzW) und Museum für angewandte Kunst (Mak) wurden sieben europäische Büros eingeladen, für das 7000 m² große Grundstück eine Bebauungsstudie mit gemischter Nutzung zu erarbeiten. Mit von der Partie sind Bevk Perović Arhitekti (Ljubljana), Cino Zucchi Architetti (Mailand), Von Ballmoos Krucker (Zürich), Hild und K. (München), Lacaton & Vassal (Paris), Atelier Kempe Thill (Rotterdam) sowie Helen und Hard (Stavanger).

Investor gesucht

"Das Wichtige an diesem Ideenwettbewerb ist, dass er ein bisschen freier gedacht wird als der österreichische Durchschnitt", sagt Claudia Nutz, COO der Wien 3420 Aspern Development AG. "Internationale Architekten haben in zahlreichen Projekten schon des Öfteren bewiesen, dass sie mit gemischter Nutzung hervorragend umgehen können. Aus diesem Grund haben wir beschlossen, bei diesem Grundstück über die österreichischen Grenzen hinauszugehen."

Anfang Juli sollen die Ergebnisse im Rahmen der Vienna Biennale 2015, die unter dem Motto "Ideas for Change" steht, präsentiert werden. Wie es danach weitergehen wird, ist ungewiss, denn offiziell handelt es sich bei diesem Verfahren nicht um einen Realisierungs-, sondern um einen Ideenwettbewerb. Gewünscht seien, so Nutz, Projekte, die den Wiener Status quo "etwas ausreizen", die "durchaus ein bisschen anecken" und die "womöglich nicht sofort 1:1 umsetzbar sind". Das Limit liegt bei 28.000 Quadratmeter Bruttogeschoßfläche.

"Wir haben vor, das Endergebnis und die damit verbundenen Qualitätskriterien dem künftigen Investor nahezulegen, die Umsetzung hängt aber schlussendlich von der Übernahme der Projektidee durch einen Investor ab", sagt Nutz. "Und ja, womöglich werden wir bei dieser ungewöhnlichen Bauaufgabe auf einen ausländischen Investor zurückgreifen, der mit Mix-Use-Projekten bereits Erfahrung hat." Viele Investoren, das zeige die Erfahrung, schrecken vor derartigen Multifunktionsprojekten noch zurück. (Wojciech Czaja aus Cannes, DER STANDARD, 21.3.2015)