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Ioan Holender glaubt nicht an eine europäische Identität.

Foto: AP / Vadim Ghirda

Wien - In der Gesprächsreihe "Europa: Dialog" im Haus der Europäischen Union war am Mittwochabend der ehemalige Staatsoperndirektor Ioan Holender zu Gast. Die von Benedikt Weingartner (Generalsekretär von "Music in Europe") moderierten Podiumsgespräche befassen sich mit Europa als kulturpolitischem Projekt und fragen nach der kulturellen Identität des Kontinents.

Holender, längstdienender Direktor (1992- 2010) der Wiener Staatsoper seit ihrer Gründung im Jahr 1869, blickte im Gespräch mit Weingartner auf seine rumänische Herkunft zurück. Die Frage "Was ist Heimat?" beantwortete er mit "dort, wo man geboren und aufgewachsen ist".

Holender wurde 1935 in der westrumänischen Stadt Timisoara geboren, nach Österreich kam er 1959. Da seine Mutter bereits in Wien lebte, konnte Holender das sowjetische Rumänien durch Familienzusammenführung verlassen.

Das Selbstbewusstsein der rumänischen Bevölkerung habe unter der kommunistischen Herrschaft sehr gelitten, so Holender. Trotzdem sei es heute ein wirtschaftlich aufstrebendes Land und reich an Bodenschätzen. Besonders im musikalischen Bereich würden sich seine rumänischen Landsleute hervortun: "Wo immer es Orchester gibt, spielen auch Rumänen." Im Land selbst gebe es aber seiner Meinung nach heute zu viele Opernhäuser. Diese würden noch aus der Sowjetzeit stammen und könnten qualitativ nicht mithalten.

Holender ließ keinen Zweifel daran, dass er dem europäischen Einigungsprozess in Form einer gesamteuropäischen Identität skeptisch gegenübersteht. Er bekannte sich zu den nationalen Eigenheiten der einzelnen Länder. Aber wenn es eine europäische Identität gebe, so sei sie "durch die europäische Kultur, durch alle Stile und Epochen, geprägt".

Den von Moderator Weingartner ins Spiel gebrachten Satz "Nichts ist europäischer als die Oper" wollte Holender dennoch nicht stehenlassen. "Ich möchte die Oper über Europa stellen", denn Europa müsse erst noch besser werden, um so gut zu sein wie die Oper.

Gefragt nach kulturpolitischen Veränderungen, die er sich für Österreich wünschen würde, kam Holender auf die Ausbildung der Künstler zu sprechen. Diese sei für ein Musikland wie Österreich eigentlich "miserabel". (Stefan Weiss, DER STANDARD, 26.3.2015)