Wien - Vor über einer Milliarde Jahre dürfte der Urahn aller heutigen Pflanzen gelebt haben: Ein Einzeller, der zur Photosynthese fähige Bakterien aufgenommen hatte und damit plötzlich selbst aus Licht Energie gewinnen konnte. Aus den eingeschlossenen Cyanobakterien entwickelten sich schließlich die Chloroplasten, in denen bei den heute lebenden Pflanzen die Photosynthese stattfindet.

Wie diese erfolgreiche Integration aber genau passiert ist, sei "eines der großen Rätsel der Biologie", sagt Matthias Horn vom Department für Mikrobiologie und Ökosystemforschung der Universität Wien.

Die Idee von der Dreiecksbeziehung

Die sogenannte Ménage-à-trois-Hypothese brachte dazu einen dritten Partner ins Spiel: und zwar ausgerechnet urtümliche Chlamydien-Bakterien, deren Nachkommen man heute als Erreger von Geschlechtskrankheiten kennt. Damals hätten sie laut der Hypothese den einzelligen Pflanzenurahn infiziert gehabt, wodurch dieser an akutem Energiemangel litt.

Die "verschluckten" Cyanobakterien boten durch ihre Energiestoffwechsel-Produkte dem Einzeller in dieser Not sofortige Linderung. Praktischerweise halfen bestimmte Eiweißstoffe der Chlamydien, solche für den Einzeller eigentlich unbrauchbaren Produkte zu verwerten - soweit die Theorie.

Wohl eher doch nicht

Um dies zu überprüfen, hat ein ein österreichisch-britisches Forscherteam mit Computermodellen nach Spuren gesucht, die diese Hypothese unterstützen. "Dafür haben wir die Stammbäume jener Gene, die mutmaßlich für die Wechselwirkungen zwischen tierischer Wirtszelle, Chlamydien und Cyanobakterien verantwortlich waren, rekonstruiert", erklärten die Wissenschafter, die ihre Studie im Fachjournal "Nature Communications" veröffentlichten.

Sie konnten zwar erkennen, dass die relevanten Gene sowohl Wirtszellen- als auch Cyanobakterien-Ursprung haben, fanden aber keine handfesten Beweise dafür, dass auch die Chlamydien Gene beigesteuert haben. "Eine direkte Beteiligung der Chlamydien an der Evolution der Pflanzen ist daher eher unwahrscheinlich", so Horn. (APA/red, derStandard.at, 27.3. 2015)