Seit 2003 ist die Auseinandersetzung um das iranische Urananreicherungsprogramm in der Welt, seit 2004 wird verhandelt, 2009 waren die internationalen Verhandler erstmals bereit, mit dem Iran über etwas anderes zu reden als über einen sofortigen Urananreicherungsstopp. Und 2013 begannen die beiden Seiten darüber zu verhandeln, was für den Iran gerade noch genug und für die internationale Gemeinschaft gerade noch akzeptabel sein könnte.

Nun, Anfang April 2015, hat man erstmals einen konkreten Entwurf, ein Gerüst einer zukünftigen Übereinkunft. Viele Löcher müssen noch gefüllt werden - das sind viele Löcher, in die man noch fallen kann -, aber das, was da ist, ist erstaunlich genug. Pessimisten - oder auch nur Realisten - haben das bis zum Donnerstagabend kaum für möglich gehalten.

Eine Formel, mit der beide Seiten leben können, war und ist sehr schwer zu finden - denn auch auf beiden Seiten herrscht ja keinerlei Einigkeit darüber, was der Iran braucht beziehungsweise haben darf.

Wer das vom amerikanischen Außenministerium vorbereitete Factsheet über die "Parameter eines gemeinsamen unfassenden Aktionsplans" kennt, wird staunen darüber, was dem Iran alles abverlangt wird, und wie wenig er im Moment dafür gekommt. Dass es sich um den besonders von Israel immer wieder an die Wand geschriebenen "bad deal" handelt, könnte in der Tat niemand behaupten: Auch die Punkte, die die Kritiker und Skeptiker eines Nuklearabkommens immer wieder anführten - wie etwa die Recherche über vergangene verdächtige nukleare Aktivitäten des Iran -, kommen allesamt vor.

Der Verdacht ist angebracht, dass die Darstellung der iranischen Seite etwas anders aussehen wird: Beide, die amerikanische und die iranische, sind nicht zuletzt für "domestic consumption", für das Publikum zuhause, gedacht und werden das Entgegenkommen des jeweils anderen betonen. Beiden Verhandlerdelegationen sitzen die Hardliner zuhause im Nacken. Sind die Darstellungen deshalb falsch? Nein, das ist der Interpretationsspielraum, der solche Abkommen in letzter Minute möglich macht. Es ist richtig, dass Grauzonen immer die Gefahr eines späteres Scheitern bergen: Je mehr noch ausgehandelt werden muss, desto mehr kann man sich noch zerstreiten.

Unbestreitbar ist, dass der Iran einer ernsthaften Reduktion seines laufenden Urananreicherungsprogramms zugestimmt hat, zehn Jahre Beschränkung der Gaszentrifugen, 15 Jahre Beschränkung der Uranbestände, 25 Jahre "robuste Inspektionen", wie es bei den Amerikanern heißt. Der Schwerwasserreaktor Arak in seiner jetzigen Form ist Geschichte, Fordow als Anreicherungsanlage wird es nicht geben. Chefverhandler Außenminister Mohammed Javad Zarif darf deshalb nicht erwarten, vom konservativen Establishment in Teheran bei seiner Heimkehr auf Schultern getragen zu werden. Aber wichtiger ist, dass der religiöse Führer Ali Khamenei das Abkommen mitträgt.

Selbstverständlich wird es auch auf der anderen Seite jene geben, die nach wie vor meinen, nur eine Null-Lösung mit dem Iran sei eine gute Lösung. Ja, aber sie hat einen Defekt: Es gibt sie nicht. Wenn die weiteren Verhandlungen scheitern, wird der Iran alle Eckpunkte von Lausanne - und auch die seit 2013 laufenden Beschränkungen des Programms - wieder abschütteln. Das kann niemand ernsthaft wollen. (Gudrun Harrer, DER STANDARD, 3.4.2015)