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Bettlerin in der Salzburger Altstadt.

foto: apa/gindl

Salzburg - Wer in den vergangenen Tagen und Wochen die Salzburger Lokalmedien verfolgt hat, musste zur Erkenntnis kommen: Die Mozartstadt wird von kriminellen Horden geradezu gestürmt und im Handstreich genommen. Ganz so dramatisch ist Lage freilich nicht. Fakt ist, dass etwa 150 - je nach Schätzung etwas mehr oder weniger - Bettler in Salzburg unterwegs sind. So gut wie alle Armutsmigranten stammen aus Rumänien. Tagsüber sitzt die Mehrheit der Bettler und Bettlerinnen an den stark frequentierten Touristenrouten im Altstadtzentrum, an der Peripherie der Stadt ist die personifizierte Armut seltener zu sehen.

Die Nächte verbringen die Menschen in behelfsmäßig errichteten Lagern - vorwiegend unter Brücken. Daran konnten auch baulichen Maßnahmen der Stadt wie beispielsweise fix montierte Sperrgitter wenig ändern. Einige Bettler und Bettlerinnen sind mit der ganzen Familie nach Salzburg gekommen und hausen mit kleinen Kindern in den Elendslagern unter den Stadtbrücken. Nur ein ganz geringer Teil kommt vorübergehend in einem von der Caritas im Auftrag der Stadt betriebenen Notquartier unter. Diese "Arche Nord" mit 35 Schlafplätzen wird allerdings dieser Tage geschlossen.

Sektorales Verbot

Es ist vor allem die Stadt-ÖVP, die seit Monaten ein Bettelverbot für Salzburg fordert. Nachdem ein generelles Bettelverbot laut Verfassungsgerichtshof allerdings nicht zulässig ist, soll es eben strikte Verbotszonen geben. Mit der Materie vertraute Experten von der Caritas aber auch mit dem Phänomen befasste Wissenschafter und Menschenrechtsaktivisten erwarten bei einem sektoralen Verbot eine Verdrängung der Bettelei in andere Stadtviertel. Das ficht die ÖVP in ihrer Haltung freilich nicht an.

Im vergangenen Gemeinderatswahlkampf hat man mit dem Bettelthema versucht, die FPÖ rechts zu überholen. Der Wähler hat es Harald Preuner übrigens nicht gedankt, die ÖVP verlor einen ihrer bis dahin zwei Sitze in der Stadtregierung.

Bettlerspaß

Rückendeckung erhält die ÖVP von Landespolizeidirektor Franz Ruf. Dieser hat sogar eine eigene Sonderkommission gegen die Bettelei gründen lassen. Mehrfach schon sind dem der ÖVP zuzurechnenden Polizeichef in dem Zusammenhang aber die politischen Pferde durchgegangen und er hat in seiner Eigenschaft als Polizeidirektor ein sektorales Bettelverbot gefordert. Die Unterscheidung zwischen Exekutive und Legislative sei eben nicht so einfach, witzeln Juristen über die politischen Ausritte von Salzburgs oberstem Polizisten.

Wenig Zurückhaltung übt die Salzburg Polizei auch in ihrer Pressearbeit, wenn es um die Notreisenden aus Rumänien geht. In einer Presseaussendung zu einer Serie von Einbrüchen und Trickdiebstählen, die möglicherweise einem Täterkreis zuzuordnen sind, der mit dem Bettlermilieu in Kontakt steht, wurde vergangene Woche fast im Stil der Boulevardschreiber von der Polizei selbst behauptet, dass sich die Täter bei ihren Einbrüchen "einen Spaß machten, indem sie, während die Opfer schliefen, im Haus duschten und die Toilette benutzten."

Bürgermeister prüft Verbot

Unter dem Eindruck der massiven Kampagne der vergangenen Tage und Wochen und mit Rücksicht auf die medial reichlich aufgeheizte Stimmung hat nun Bürgermeister Heinz Schaden (SPÖ) ein Stück weit nachgegeben. "Das Ziel ist eine räumliche und zeitliche Beschränkung", wird Schaden in der Lokalbeilage der "Salzburger Nachrichten" zitiert. Im Klartext: Die Stadt prüft, ob eine Regelung ähnlich jener für Straßenmusikanten mit fix zugewiesenen Plätzen und Zeiten verfassungsrechtlich hält.

"Rechter Geist"

Widerstand gegen solche Pläne kommt allein von der Bürgerliste in der Stadt. Die Vorsitzende des Sozialausschusses im Gemeinderat und Sozialsprecherin ihrer Fraktion, Ulrike Saghi, fordert, dass der Gemeinderatsbeschluss umzusetzen sei, in dem eine Notunterkunft für 50 Notreisende beschlossen worden war. "Man kann soziale Fragen nur mit sozialen Maßnahmen beantworten", sagt Saghi.

Die jetzt losgetretene Kampagne gegen die Rumänen auf den Straßen der Stadt sei ein Zeichen, "welch rechter Geist in dieser Stadt" herrsche. Statt Polizei brauche es eine Basisversorgung und eine "aufsuchende Sozialarbeit", um den Bettlern und Bettlerinnen beispielsweise zu erklären, wo sie nicht sitzen sollten. Die jetzt geltenden Verbote - aggressives Betteln, Betteln mit Kindern - seien ausreichend. (Thomas Neuhold, derStandard.at, 3.4.2015)