Als auch am Donnerstag die Verkündigung des geplanten "Rahmenabkommens" den ganzen Tag auf sich warten ließ, deuteten dies Beobachter als Zeichen, dass die Atomverhandler in Lausanne bloß noch um eine gesichtswahrende gemeinsame Erklärung rangen, um einen Zusammenbruch zu verhindern: die Konstatierung von "Fortschritten", die ein Weiterverhandeln bis Ende Juni sinnvoll macht.

Aber es kam dann anders. Bereits kurz bevor die EU-Außenpolitikbeauftragte Federica Mogherini und der iranische Außenminister Mohammed Javad Zarif um Viertel vor acht vor die Medien traten, sickerte durch, dass es die "Eckpunkte" eines Abkommens gebe: wie geplant ein Rahmenabkommen, dessen Details bis Ende Juni auszuarbeiten sind.

In der Erklärung, die Mogherini auf Englisch und Zarif auf Farsi verlasen, wozu auch US-Außenminister John Kerry und die Außenminister Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens auf der Bühne aufmarschiert waren, kamen denn auch alle wichtigen Punkte vor: eine Beschränkung der iranischen Urananreicherung und der Uranbestände; der Umbau des Schwerwasserreaktors in Arak, dessen Plutoniumproduktionskapazität verringert wird, die Überwachung des Atomprogramms unter den verschärften Inspektionen des "Additional Protocol" der Safeguards der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) und anderes mehr.

Noch viel Arbeit

Der französische Außenminister Laurent Fabius merkte als Erster öffentlich an, dass noch viel zu tun sei, um den neuen "Aktionsplan" bis Juni fertigzustellen, und da hat er wohl recht: Formulierungen, die darauf verweisen, dass einzelne Vorgehensweisen erst verhandelt werden müssen, fehlten nicht in der Erklärung. Auch die "möglichen militärischen Dimensionen" (PMDs) - Verdachtsmomente, dass der Iran früher an Atomwaffenaspekten geforscht hat -, die die IAEA aufklären soll, kamen in so einer Formulierung vor: Auch hier muss man sich auf Prozeduren einigen.

Die PMDs wurden für westliche und arabische Gegner eines Atomdeals mit dem Iran viel zu sehr vernachlässigt: In einem vom US-Außenministerium am Donnerstagabend ausgesandten Factsheet steht nun zu lesen, dass die das iranische Atomprogramm betreffenden UN-Sicherheitsratsresolutionen erst aufgehoben werden, wenn alle Punkte - Anreicherung, Fordow, Arak, PMDs und Transparenz - erfüllt sind.

Laut dem US-Factsheet werden die Beschränkungen für das iranische Anreicherungsprogramm konkret so aussehen:

15 Jahre Einschränkungen

Für zehn Jahre wird der Iran die Anzahl seiner installierten (auch jetzt laufen nicht alle) Gaszentrifugen seiner ersten Generation (IR-1) dritteln: Von diesen verbleibenden gut 6000 Zentrifugen werden gut 5000 in Betrieb sein. 15 Jahre lang wird der Iran nicht auf mehr als 3,67 Prozent anreichern. Ebenfalls 15 Jahre lang wird der Iran nicht mehr als 300 kg angereichertes Uran (3,67 Prozent) auf Lager haben (heute hat er etwa 10.000 kg). So wird auf Breakout-Zeit des Iran - das ist die Zeit, die man braucht, um genügend Material für eine Bombe anzureichern - signifikant von zwei bis drei Monaten auf ein Jahr erhöht.

Der Iran hat auch zugestimmt, dass Uran nur in Natanz angereichert wird - aus der umstrittenen unterirdischen Anlage in Fordow wird ein Atomphysik- und Technologiezentrum, in dem aber 15 Jahre lang kein spaltbares Material vorhanden sein wird.

Das Zuckerl für den Iran, soweit das aus der kurzen Erklärung hervorging, könnten weitreichende internationale Forschungs- und Technologiekooperationen sein, von denen der Iran für sein ziviles Atomprogramm profitieren könnte. Und je schneller der neue Plan anläuft, desto früher gibt es Sanktionserleichterungen. (guha, DER STANDARD, 3.4.2015)