Vivien Leighs Augen blitzen gefährlich in jenem Grün, das sich in der Taftrüsche unten wiederholt, Clark Gable hält sich bedeckt – im Technicolor-Blockbuster "Vom Winde verweht" (1939).

Foto: Courtesy Everett Collection

Wien – Der Name klingt. Mit Technicolor verbindet man farbliche Intensität, melodramatische Ladung, akzentuierte Künstlichkeit: Wie am Ende von King Vidors Duell in der Sonne (1946), wenn die unglückliche Pearl (Jennifer Jones) in einer farblich übersteuerten staubigen Felslandschaft zu Tode kommt und wir mit der Kamera hoch in die Scheinwerfer-Glutsonne blicken.

Wie in Singin' in the Rain (1952), wenn Debbie Reynolds, in einem fliederfarbenen Kleidchen mit Chiffonbesatz, und Gene Kelly, sportlich in Weiß, ein dunkles Studio betreten: Kelly legt einen Hebel um, ein hingetupfter Pastellabendhimmel erscheint, bevor Batterien verschiedenfarbiger Scheinwerfer die romantische Szenerie ("You were meant for me") in unterschiedliche Lichtstimmungen tauchen. (Von den gelben Regenmänteln, die an anderer Stelle in Stanley Donens MGM-Klassiker eine wichtige Rolle spielen, ganz zu schweigen.)

Oder wie in The Black Swan (1942), Anne of the Indies (1954) und The Adventures of Robin Hood (1938), wo uns die Abenteuer fantastischer Helden – Piraten, Piratinnen oder der Rächer der Enterbten – in noch leuchtenderen Farben ausgemalt wurden, zum Teil zeitgleich mit den expressiven schwarz-weißen Licht-und-Schatten-Spielen des Film noir. Das Südstaatenepos Vom Winde verweht hatte schon 1939 für den wichtigsten Kassenerfolg gesorgt – und sicher nicht nur, weil es gelungen war, Vivien Leighs blaue Augen in Scarlett-O'Hara-Grün zu tauchen.

Mit Farbgebung wurde seit den Anfängen der Filmgeschichte experimentiert: Zur Zeit des frühen Kinos wurden Szenen handkoloriert oder Filmstreifen eingefärbt – monochrome Tönung diente etwa zur Markierung von Nachtszenen (blau), als Verstärker für große Emotionen (rot) und für dramatische Spezialeffekte.

Auch die US-Firma Technicolor Corporation wurde von Herbert T. Kalmus und zwei Kompagnons bereits 1915 gegründet. Zunächst arbeitete man mit einem Zweifarbverfahren. In den Dreißigerjahren brachte das sogenannte "Verfahren IV", das mit drei Farben operierte, den Durchbruch: "die Kombination von roten, grünen und blauen Farbschichten durch drei gleichzeitig belichtete Negative" (Programmheft). Das finale Farbbild auf der Leinwand war Ergebnis eines aufwändigen Aufnahme- und Druckprozesses – schon die Kameras hatten imposante Größe und Gewicht.

Aus den frühen 1930er-Jahren stammen kurze Animationsfilme, die in Kooperation mit Disney entstanden – mit Funny Little Bunnies (1934) läuft gleich zum Auftakt, heute, Freitag, ein bunter Nachtrag zum Osterfest. Als erster Realfilm gilt Lloyd Corrigans La cucaracha, ebenfalls von 1934:

Schwelgerisch wird darin Farbe ausgestellt. Grüne Seide glänzt im Schein eines Streichholzes am Cape eines Mannes, der in einer nächtlichen Szene auftritt. Später leuchten und schimmern Kleider, Kopfputz und Spitzentücher der mexikanischen Tänzerinnen, changieren zwischen Orange und Dunkelgelb. Die Schärpen der Männer strahlen in dramatischem Rot und tiefem Blau, bevor die musikalische Folklore-Miniatur in einem großen bunten Tanznummernfinale kulminiert.

Technicolor geht auf Tour

Die Retrospektive mit dem emphatischen Titel Glorious Technicolor, die diese spezielle Farbästhetik noch einmal aufleben lässt und nun im Österreichischen Filmmuseum Station macht, ist eine Gemeinschaftsproduktion des George Eastman House, der Deutschen Kinemathek, des Filmmuseums und des Museum of Modern Art. Bei der diesjährigen Berlinale war der Auftakt der Technicolor-Jubiläumsjahr-Tour, nun gastiert die Schau in Wien, bevor sie im Sommer noch im New Yorker Moma läuft.

Zu sehen sind etliche restaurierte Fassungen, aber auch Originalkopien. Eine besondere Empfehlung verdient das Kompilationsprogramm Mighty Technicolor. Ab Ende der 1940er-Jahre waren bereits Konkurrenten wie Eastmancolor am Start, und 1955 hatte Technicolor selbst ein neues Verfahren entwickelt, das nur noch einen Mehrschichtfilm zur Aufnahme benötigte. (Isabella Reicher, DER STANDARD, 10.4.2015)