Brachte der nun in die Gänge gekommene Untersuchungsausschuss Überraschungen? Nein. War die Übung daher überflüssig? Ebenfalls: nein. Für die Aufarbeitung der Hypo-Vergangenheit ist es nämlich gar nicht notwendig, neue Skandale aufzudecken - von denen gab es bereits genug. Vielmehr geht es dem Bürger und damit dem Steuerzahler darum, einen Einblick in die Verantwortlichkeiten rund um die Bankmisere zu bekommen. Und den Volksvertretern - hoffentlich - darum, die richtigen Schlussfolgerungen zu ziehen.

Kommende Woche wird der Ausschuss mit der Befragung einer weiteren Staatskommissärin fortgesetzt. Die Aussagen ihrer beiden Amtskolleginnen haben bereits Fehler im System verdeutlicht. Die österreichische Aufsicht krankt nicht so sehr an Defiziten einzelner Personen oder Institutionen als an ihrem schlechten Zusammenspiel. Die vom Finanzministerium bestellten und der Finanzmarktaufsicht FMA berichtspflichtigen Staatskommissäre haben beispielsweise eifrig Sitzungen der Hypo protokolliert; ein Einspruch gegen Beschlüsse wurde aber nie erhoben - weil das Gesetz die Grundlagen für ein derartiges Veto sehr eng fasse, wie die Auskunftspersonen darlegten.

So konnten die vergebenen Kredite noch so waghalsig, die Sicherheiten noch so dürftig (wenn überhaupt vorhanden), die Aussichten auf Rückzahlung der Darlehen noch so gering sein: Die Hypo durfte selbst vor den Augen und Ohren der Bankenpolizei jeden und alles finanzieren.

Dass die direkt in Aufsichtsrats- und Ausschusssitzungen der Banken vertretenen Kommissäre ihre Rolle effizient ausüben, scheint auch gar nicht gewollt zu sein. Als eine Aufseherin von FMA-Ermittlungen gegen Hypo-Vorstände wegen Marktmanipulationen erfuhr, wollte sie den Akt einsehen. Derart gravierende Gesetzesverstöße in "ihrer" Bank sind für eine Staatskommissärin ja nicht ganz unerheblich. Allein, die FMA (also quasi das eigene Haus) verweigerte die Übermittlung des Dossiers. Damit nicht genug: Auch Prüfberichte der Nationalbank wurden den Kommissärinnen - selbst auf ausdrücklichen Wunsch - nicht zur Verfügung gestellt.

An ähnlichen Absurditäten könnte man noch einige aufzählen. Der Untersuchungsausschuss hat schon mit den ersten Zeugenbefragungen erheblichen Reformbedarf aufgezeigt. Und nebenbei den ohnehin beträchtlichen Erklärungsbedarf der Nationalbank zusätzlich vergrößert, die den Grundstein für die Verabreichung der ersten Hypo-Staatshilfe Ende 2008 gelegt hatte. Unmittelbar davor hatte die Staatskommissärin in einem Bericht festgestellt, dass sie die Planungsrechnung der Kärntner Bank als nicht realistisch erachte. Die Nationalbank schenkte den Fantasiezahlen hingegen Glauben und verlieh der Hypo das Prädikat "nicht distressed" (nicht notleidend).

Diese Widersprüche festigen den Eindruck, dass die österreichische Bankenaufsicht aus vielen Inseln ohne Funkverbindung besteht. Im Polynesien inmitten der Alpen verweisen nun alle darauf, dass jeder in irgendwelchen Berichten auf irgendein Risiko in der Hypo hingewiesen habe. Nur: Feueralarm wurde nie ausgelöst.

Die Regierung rechtfertigt ihre Hypo-Entscheidungen, insbesondere jene zur Verstaatlichung, mit dem Rat der Kontrolleure. Sie vergisst dabei, dass sie die Augen vor den Mängeln der Aufsicht trotz ständiger Warnungen über Jahre verschlossen hat. (Andreas Schnauder, DER STANDARD, 10.4.2015)