Weiterhin keine Spur von Reue bei Bürgermeister Michael Häupl. Am Donnerstag eröffnete er - ohne auf das Thema Lehrer einzugehen - mit Gästen das Steiermark-Fest auf dem Rathausplatz.

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Wien - Bei der Klubtagung der Wiener SPÖ in Rust wurde der Slogan "Für Wien brauchst a G'spür" erstmals präsentiert. Nun steht auch der Landesparteitag am Samstag unter diesem Motto. Nicht nur ihr "G'spür" sollten die Mitglieder der Wiener SPÖ jedoch walten lassen, wenn es darum geht, über mehr als hundert eingebrachte Anträge abzustimmen.

Das Spektrum ist dabei ein großes: So wurde ein Antrag auf Einführung einer 30-Stunden-Arbeitswoche ebenso eingebracht wie einer auf Benennung eines neuen Gemeindebaus in Favoriten nach der verstorbenen Nationalratspräsidentin Barbara Prammer. Auch die Einführung einer Nachtschnellbahn wird beantragt.

Radfreunde

Skurriles ist freilich auch dabei. Die Radfreunde fordern etwa die Erweiterung der vier sozialdemokratischen Grundwerte (Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit, Solidarität) um einen fünften: Nachhaltigkeit beziehungsweise nachhaltige Entwicklung. Die Antragskommission, jenes Komitee, das die Aufgabe hat, alle Anträge zu reihen, zusammenzuführen und eine Empfehlung abzugeben, legt nahe, dies abzulehnen. Was wiederum die Sozialistische Jugend und den Verband Sozialistischer Studentinnen und Studenten auf den Plan ruft, die in einem Antrag begehren, die Antragskommission abzuschaffen: "Demokratische Entscheidungen müssen unabhängig und ohne Beeinflussung getroffen werden." Die Empfehlung der Antragskommission dazu ist die Ablehnung.

Dass Landesparteitage durchaus Überraschungen bringen können, zeigte sich 2011, als Niki Kowall seine Brandrede gegen das kleine Glücksspiel hielt und dieser Antrag entgegen den Empfehlungen angenommen wurde.

Spannend wird am Samstag auch die alle zwei Jahre stattfindende Wiederwahl des Parteivorsitzenden. 2013 wurde Bürgermeister Michael Häupl noch mit 92,7 Prozent wiedergewählt. Er erzielte damals ein besseres Ergebnis als in den Jahren zuvor. Abzuwarten bleibt heuer allerdings, ob die Turbulenzen in der rot-grünen Koalition und seine umstrittene Äußerung über die Lehrerarbeitszeit Folgen haben werden.

Das Wort Lehrer hat Häupl jedenfalls am Donnerstag nicht in den Mund genommen, als er mit einer steirischen Abordnung - darunter Landeshauptmann Franz Voves (SPÖ) und sein Vize Hermann Schützenhöfer (ÖVP) - die Eröffnung des "Steiermark-Frühlings" auf dem Rathausplatz vornahm. Mit Voves war Häupl Anfang des Jahres zusammengekracht, als er diesen mit der Pegida-Bewegung verglich, weil Voves juristisch gegen Integrationsunwilligkeit vorgehen wollte. Nun traten sie wieder gemeinsam vor die Kameras.

Kritik an Häupl

Dafür ging ein anderer Vorsitzender einer SPÖ-Landespartei zu Häupl auf Konfrontationskurs: Der Oberösterreicher Reinhold Entholzer distanzierte sich in einer Aussendung vom 22-Stunden-Sager des Bürgermeisters. Das sei "sicher nicht die Position der SPÖ Oberösterreich", die jegliche pauschale Verunglimpfung eines ganzen Berufsstands ablehne. "Wir schätzen das große Engagement der Pädagoginnen und Pädagogen", sagte Entholzer. "Meine Frau ist auch Lehrerin, und ich weiß, dass sie sich täglich bestmöglich auf den Unterricht vorbereitet." Der eigentliche Adressat von Häupls Aussagen sei wohl Beamtengewerkschafter Fritz Neugebauer gewesen.

Die angesprochene Lehrergewerkschaft übte am Donnerstag weiter Kritik an Häupl. In einem von den Vorsitzenden der fünf Lehrersektionen gezeichneten Schreiben hieß es: "Gut, dass in unseren Schulen Lehrerinnen und Lehrer unterrichten - und nicht der Wiener Bürgermeister!" (Rosa Winkler-Hermaden, DER STANDARD, 17.4.2015)