Angesichts der öffentlichen Diskussion, die durch die Vorkommnisse an der Medizinischen Universität Wien und der Musikuniversität Wien im Zusammenhang mit der Rektorswahl entstand, ist es angebracht, einige grundsätzliche Fakten in Erinnerung zu rufen. Der Universitätsrat, der neben dem Senat und dem Rektorat oberstes Leitungsorgan der Universität ist, wurde mit dem Universitätsgesetz 2002 geschaffen. Mit diesem Gesetz wurden die österreichischen Universitäten in die volle Autonomie entlassen, eine Entscheidung von großer Tragweite, die den Universitäten sehr gutgetan hat und ihnen die Möglichkeit gibt, zentrale Fragen ihrer Entwicklung selbstständig und in Eigenverantwortung zu entscheiden. Parallel dazu wurde der Universitätsrat gegründet, der als Schnittstelle zur öffentlichen Hand und zur Gesellschaft fungiert.

Die Aufgaben des Universitätsrats sind durch das Universitätsgesetz 2002 klar und eindeutig geregelt. Eine der wesentlichsten Aufgaben - neben der Kontrolle der finanziellen Gebarung - ist zweifellos die Wahl der Rektorin oder des Rektors aus einem Dreiervorschlag des Senats und die Abwicklung des gesamten damit im Zusammenhang stehenden Verfahrens sowie die Genehmigung des Entwicklungsplans, des Organisationsplans und des Entwurfs der Leistungsvereinbarung mit dem Wissenschaftsministerium, die dann die Basis für das Budget der Universitäten bildet.

Die Erfüllung dieser Aufgaben setzt ein enges Zusammenwirken zwischen Universitätsrat, Rektor und Rektorat sowie dem Senat voraus. Daraus ergibt sich die ganz wichtige Funktion des Universitätsrats, die nicht ausdrücklich im Gesetz vorgegeben ist, dafür zu sorgen, dass dieses Zusammenwirken vertrauensvoll, effizient und friktionsfrei im Interesse der jeweiligen Universität funktioniert. Wie das geschieht, hängt natürlich sehr von den handelnden Personen ab, von der Art und Weise, wie sie ihre Funktion wahrnehmen und das vom Gesetz mit gutem Grund geschaffene Gleichgewicht zwischen den obersten Organen der Universität nicht nur respektieren, sondern auch leben.

An den meisten Universitäten, und nicht zuletzt an der Universität Wien, läuft das sehr gut. Der Universitätsrat der Universität Wien besteht aus neun Mitgliedern, wobei vier vom Senat der Universität und vier von der Bundesregierung bestellt werden und damit sowohl inneruniversitär, als auch seitens des Staates legitimiert sind. Diese acht Miglieder suchen sich dann selbst ein neuntes Mitglied. Vier unserer Mitglieder sind international hochangesehene Wissenschafter, wobei drei aus dem Ausland kommen, aber daneben haben wir auch einen Verfassungsrichter und einen Vertreter der österreichischen Wirtschaft in unserem Gremium. Keiner sieht sich als Instrument oder Erfüllungsgehilfe politischer Interessen. Jeder Einzelne von ihnen bringt Erfahrung und Kompetenz in die Diskussionen ein, die für alle Belange der Universität nützlich und wichtig sind.

Das Universitätsgesetz und die darin begründete Autonomie machen den Universitäten den Weg zu modernen und effizienten Bildungs- und Forschungseinrichtungen frei. Aber, wie wir aus Erfahrung wissen, ist es auch nicht gut, große Organisationen nur sich selbst zu überlassen. So wie große Unternehmen über einen Aufsichtsrat verfügen, der nicht nur Kontrolle, sondern auch einen Blick von außen in die Unternehmensführung einbringt, ist auch der Universitätsrat ein wichtiger Faktor in der Umsetzung der universitären Autonomie.

Diskussionen im Vorfeld und über das Ergebnis der Wahl von Rektorinnen und Rektoren, die im Sinne doppelter Legitimation das Vertrauen in Senat und Universitätsrat haben müssen, sind nichts Ungewöhnliches. Manche aktuellen Vorkommnisse, wie öffentliche Diskussionen über einzelne Kandidaten wären aber wohl vermeidbar gewesen.

Insgesamt hat sich das Verfahren der Rektorswahl, wie die österreichweiten Erfahrungen zeigen, bewährt, es besteht dabei kein Änderungsbedarf. (Eva Nowotny, DER STANDARD, 17.4.2015)