Neuer Premier, neue Hoffnung: Iraks Regierungschef Haidar al-Abadi saß bei seinem ersten Besuch im Weißen Haus dort, wo einst Nuri al-Maliki von US-Präsident Barack Obama das Lob für seine "inklusive" Regierung entgegennahm. Heute wird Maliki dafür verantwortlich gemacht, dass er durch seine sunnitenfeindliche Politik den Boden für den "Islamischen Staat" (IS) bereitet hat. Nun soll Abadi den Zerfall des Irak aufhalten.

Zuletzt hatte er etwas Glück, wenn man Ereignisse innerhalb eines Kriegsverlaufs so nennen kann: Schiitische Milizen unter iranischer Führung starteten die Offensive, um das sunnitische Tikrit von der IS zu befreien, mit Abadi und der irakischen Armee quasi auf dem Rücksitz. Diese Offensive geriet jedoch ins Stocken, und Abadi übernahm die Führung, was wiederum den USA ermöglichte, mit Luftschlägen einzugreifen. Die IS wurde in Tikrit geschlagen - aber auch die schiitischen Milizen.

Dieser kleine Erfolg ist noch lange kein Sieg, nicht gegen die IS und nicht für die irakische Einheit. Abadi versichert glaubhaft, dass er schiitische Übergriffe auf Sunniten bestrafen will: Ob er es kann, ist eine andere Frage. Der Krieg im Jemen ist eine neue Belastung für das Verhältnis zwischen Sunniten und Schiiten im Irak. Wieder ist die politische Meinung konfessionsgebunden: Die Sunniten sind für den saudisch geführten Krieg gegen die schiitischen Huthi-Rebellen, die Schiiten dagegen. (Gudrun Harrer, DER STANDARD, 17.4.2015)