Luxuriöse Familieneigenheime in und um Wien wurden in den vergangenen Jahren immer üppiger, ...

Foto: Wunschhaus

... weiß man bei der Firma Wunschhaus, die den Bau solcher Häuser auf meist sehr teurem Grund anbietet.

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Die Grenzen des Erlaubten werden dabei auf Biegen und Brechen ausgereizt.

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Für die einen ist es ein selbstgeplantes, rundum verglastes Einfamilienhaus mit einer Wohnfläche von 250 m² oder mehr, teuren Designermöbeln, einer Garage mit drei Stellplätzen und rundherum 1000 m² Grünland in Wien-Döbling. Andere präferieren das uneinsehbare Penthouse im Zentrum mit drei Schlafzimmern, Deko-Stuck, schweren Vorhängen und eigenem Lift aus der Tiefgarage. Luxus ist "für jeden etwas anderes", hört man von Immobilienmaklern, die in diesem Segment unterwegs sind, immer wieder.

Hundebad

Etwa Elisabeth Rohr. Sie hat für Signa die Residenzen im Goldenen Quartier vermarktet. Die meisten sind verkauft, ein paar gibt es noch. Die bisherigen Käufer - ein Drittel davon Österreicher, der Rest EU-Bürger und Russen - legten sehr viel Wert auf Privatsphäre, berichtet Rohr. "Alles muss abgetrennt sein, damit man in der eigenen Wohnung nicht gestört ist. Aber nicht auf protzig. Das Hundebad im Eingangsbereich war noch das Extravaganteste, was mir untergekommen ist." Die Bewohnerin, die meist mit dem Privatflugzeug nach Wien kommt, will den Hund noch im Vorzimmer waschen können, damit er im Winter mit den salzigen Pfoten nicht die teuren Böden verunreinigt.

Weil es sich bei diesen Luxusresidenzen meist um Dritt- bis Fünftwohnsitze handelt, war das Vorhandensein eines Gästeappartements nicht sonderlich wichtig, sagt Rohr. "Einer der Käufer hat klipp und klar zu mir gesagt: 'Ich habe keine Gäste.'"

Die Maklerin glaubt aber, dass sie es mit den Kunden im Goldenen Quartier ganz gut getroffen hat, es hätte auch anders kommen können. Reiche, die öffentlich bekannt sind und deshalb eine gewisse Scheu davor haben, auf der Straße oder gar beim Betreten des Gebäudes erkannt zu werden, waren bisher nicht darunter. Auch die Frage nach den künftigen Nachbarn wurde ihr sehr selten gestellt. Nur die Bewohnerstruktur des gesamten Hauses sei manchmal ein Thema gewesen. "Ist das eh nicht so ein Russenbunker?", wurde sie sowohl von Österreichern als auch von Russen gefragt. "Denn die Russen wollen eben auch nicht in ein Haus, das rein russisch besetzt ist. Die wollen in einem internationalen Haus sein."

Abseits des Hundebads seien auch die baulichen Wünsche der Käufer eher bescheiden gewesen. "Niemand wollte einen Panic-Room haben oder andere spezielle Dinge, die uns vielleicht vor gewisse Probleme gestellt hätten." Bei einem der neuen Bewohner im Goldenen Quartier wäre ein Panic-Room, der bei Gefahr im Verzug - etwa Einbrechern in der Wohnung - aufgesucht werden kann und dessen Tür sich automatisch verriegelt, zumindest bis auf weiteres auch eine ziemliche Verschwendung gewesen: Die Wohnung steht leer und wurde hauptsächlich deshalb gekauft, um Geld anzulegen. "Der Käufer hat gesagt, dass sein Sohn vielleicht irgendwann nach Wien zurückkommen wird."

Wer den Luxus sehen darf

Dass Käufer in diesem Segment, zumal internationale, ihre Wohnungen oft einfach leerstehen lassen, bestätigt auch Inge Schwarzenberg, Leiterin der Abteilung Wohnimmobilien bei Colliers. Sie war ebenfalls im Goldenen Quartier involviert, derzeit vermarktet sie Dachgeschoßwohnungen in der Grünangergasse im ersten Bezirk sowie einige der in der ehemaligen Marinekaserne Tegetthoff in Döbling entstehenden Eigentumswohnungen. "Wohnen am Wasser" lautet dort das Thema, es wird eine Bootsanlegestelle und einen Badeplatz geben. Zielgruppe für die Wohnungen mit Quadratmeterpreisen um die 10.000 Euro sind dort eher keine Russen, die derzeit ohnehin kaum auf dem Markt aktiv sind, sondern österreichische Zweitwohnsitzer. Diese würden sehr viel Wert darauf legen, dass die alte Bausubstanz sichtbar bleibt, sagt Schwarzenberg - selbstverständlich bei zeitgemäßer Ausstattung und Technik.

Das Wort "Luxus" kann sie eigentlich schon gar nicht mehr hören, denn es komme einerseits auf mehrere Faktoren an, ob etwas "Luxus" sei, wobei aber ihrer Erfahrung nach nicht immer alle als wichtig erachtet werden. Demzufolge habe sie ihre eigene Definition aufgestellt, sagt sie, nimmt ein Blatt Papier zur Hand und schreibt in jede Ecke einen Buchstaben: L für "Lage", U für "Umgebung", noch ein U für "Usus", S für "Spezifikum". Das zum Schluss in die Mitte platzierte X - das letztlich ja doch wieder das Wort "Luxus" ergibt - verbinde das Ganze, erklärt sie, sichtlich stolz auf ihre Idee.

Lift zum Garagenplatz

Ungewöhnliche Ideen zum Thema Luxus haben freilich auch andere. Einer ihrer Kunden beschied der Luxusmaklerin etwa ihr bisher einprägsamstes Erlebnis. Er kaufte eine Wohnung im 19. Bezirk samt Stellplatz in der Tiefgarage und wollte partout einen eigenen Lift direkt vom Appartement zum Auto und vice versa. "Und das in einem Altbau, wohlgemerkt." Der Kunde, ein Russe, habe das schließlich "irgendwie geschafft", zollt sie ihm noch heute Respekt.

Dass auch einem Österreicher so etwas einfallen würde, hält sie für unwahrscheinlich. "Es sind eher die reichen Ausländer, die sich so abschotten wollen und so diskret wie möglich ins Haus gelangen wollen." Ist man nämlich einmal drinnen, bestimmt man selbst, wem gegenüber man seinen Reichtum zur Schau stellt; "zeigen, was man hat, aber nur dem, von dem ich will, dass er es sieht" - so beschreibt sie die Attitüde, die sie derzeit relativ häufig bei Kunden vorfindet.

Traumhaus auf Erbgrund

Davon kann auch Murat Özçelik ein Lied singen. Er ist Geschäftsführer der Firma Wunschhaus Architektur & Baukunst, die sich auf Einfamilienhäuser in Wien und Umgebung spezialisiert hat, und zwar im hochpreisigen Segment. Dementsprechend zählen Ärzte, Rechtsanwälte sowie mehr oder weniger bekannte (Semi-)Promis zu seinen Kunden, die sich ihren Traum vom Eigenheim verwirklichen, "sich belohnen" wollen - und meistens einen kleinen Startvorteil haben, plaudert Özçelik aus dem Nähkästchen: "Das Grundstück ist meistens schon vorhanden" - sei es aus einer Erbschaft oder weil es schlicht schon länger im Familienbesitz ist. Manche haben auch noch einen Startvorteil mehr: "Die haben drei Grundstücke zur Auswahl und fragen mich, welches das beste ist."

Aktuell plant er für einen russischen Kunden ein Eigenheim in Klosterneuburg - um zweieinhalb bis drei Millionen Euro, das Grundstück nicht mitgerechnet. Ein anderer seiner aktuellen Kunden hat ihn mit der Errichtung eines Einfamilienhauses um 600.000 Euro beauftragt.

"Wohlhabend, 50 plus, die Kinder aus dem Haus", so beschreibt er seine Kernklientel. Er schätzt, dass ein Drittel seiner Kunden ausschließlich mit Eigenmitteln bauen kann, zwei Drittel nehmen zusätzlich einen Kredit auf.

Trend zur Opulenz

Was Özçelik Sorgen bereitet, ist die zunehmende "Unersättlichkeit", wie er es selbst bezeichnet, was die Wohnfläche betrifft. Das begann vor etwa fünf Jahren, sagt er. Seither sei das Volumen "regelrecht explodiert". Er baue nun um bis zu 50 Prozent mehr Wohnfläche als davor; beispielsweise, wie kürzlich in Wien, ein 20-Zimmer-Eigenheim für ein Ehepaar mit einem Kind. "Das Ausmaß, von dem die Leute glauben, dass sie es brauchen, ist beinahe schon extrem."

Früher, erinnert er sich, habe man, was die Kubatur betrifft, selten die Grenzen des behördlich erlaubten Ausmaßes ausgereizt. "Aber heute muss man oft regelrecht zaubern, um auf dem Grundstück alles unterzukriegen, was gewünscht wird." Generell würden sich seine Kunden stets um 20 bis 30 Prozent mehr wünschen, als möglich ist - sowohl baulich als auch budgetär. "Die Kunst ist, es trotzdem zu schaffen."

Den Drang zum Protzen innerhalb der eigenen vier Wände, abgeschottet von Zaungästen, kennt auch Özçelik. Hat er doch vor einiger Zeit erst für einen seiner Kunden eine Garage gebaut, die auf der dem Haus zugewandten Seite nur aus einer Glaswand besteht - damit der Besitzer seinen Luxuswagen jederzeit bequem vom Wohnzimmer aus in Augenschein nehmen kann.

Seine Erklärung für all das: "Wenn viele Geld haben, ist eher Reduktion angesagt. Wenn das Geld aber weniger wird, zeigt man seinen Reichtum gerne her." (Martin Putschögl, DER STANDARD, Open Haus, 29.4.2015)